Giulia Steingruber schreibt an der Kunstturn-WM in Montreal Geschichte. Sie holt sich an ihrem Paradegerät Sprung die Bronze-Medaille – als erst zweite Schweizer Turnerin der Geschichte!
Bisher war Ariella Kaeslin die einzige Schweizer WM-Medaillengewinnerin. Sie holte 2009 ebenfalls am Sprung Silber. Nun also hat auch Steingruber ihre WM-Medaille. Ein Edelmetall, mit dem niemand hätte rechnen können. Nicht einmal sie selbst.
«Ehrlich gesagt habe ich überhaupt nicht damit gerechnet», sagt Steingruber nach dem Erfolg zu BLICK. «Es war ja lange nicht einmal klar, welche Sprünge ich zeigen würde. Aber dann ist alles ideal aufgegangen. Es ist mega cool.»
Hintergrund: Giulias Vorbereitung verlief keineswegs optimal. Im Januar musste sie sich an ihrem rechten Fussgelenk operieren lassen. Erst nach den Sommer-Ferien kehrte sie ins Training zurück. Und bei ihrem Comeback an der Schweizer Meisterschaft Anfang September in Morges VD verzichtete auf die Geräte-Finals am Boden und Balken. Eine Vorsichtsmassnahme.
Doch trotz allem hat sie nun die grosse Lücke in ihrem eindrücklichen Palmarès geschlossen. Nach fünfmal EM-Gold und Olympia-Bronze in Rio hat die St. Gallerin nun ihre erste WM-Medaille. .
Ihre beiden Sprünge zeigt die 23-Jährige, die als erste ihr Können unter Beweis stellen muss, zwar sauber, aber nicht perfekt. Vor allem beim Tschussowitina leistet sie sich einen kleinen Ausfallschritt. Der Jurtschenko mit Doppelschraube folgt einwandfrei.
Doch an die Top-Noten von der Qualifikation kommt sie nicht ganz heran. 14,466 kommen für sie in die Wertung. In der Quali warens noch 14,750.
Das grosse Zittern beginnt. Und das Hoffen auf Patzer. Und tatsächlich. Eine Gegnerin nach der anderen fällt hinter Steingruber.Bis am Ende Sae Miyakawa aus Japan antritt – und stürzt. Die lange ersehnte WM-Medaille ist endlich Tatsache.
Der Moment des Sturzes? «Es war eine grosse Erleichterung», gesteht Steingruber. «Ich habe mich mega gefreut, weil ich natürlich sofort wusste, dass ich es geschafft habe. Sie hatte ja sogar die gleichen Sprünge wie ich. Deshalb habe ich extrem gezittert. Es war wirklich spannend.»
Nur die Russin Maria Paseka und die Amerikanerin Jade Carey turnen obenaus. Auf die Viertplatzierte Elsabeth Black (Ka) rettet Steingruber fünf Hundertstel Punkte Vorsprung.