Welch ein trauriger Dienstagmorgen. Am Tag, an dem sich Sportministerin Viola Amherd wie der Rest der Sportschweiz mit Sicherheit lieber über die sensationelle Qualifikation der Fussball-Nati für die WM 2022 gefreut hätte, muss sich die Bundesrätin mit der düsteren Vergangenheit im Turnsport beschäftigen.
Der Bericht, den die Mitte-Politikerin vor einem Jahr in Auftrag gegeben hatte, bringt noch einmal Erschreckendes ans Tageslicht. Vom Bundesamt für Sport über Swiss Olympic bis zum STV scheinen die Verantwortlichen das Ethik-Thema nicht genügend ernst genommen zu haben. Wer den Report liest, kommt zum Schluss: Es wurde zu lange von Ethik und Verantwortung vor allem geredet – und in der Praxis unbeholfen weitergewurstelt, wenn Misshandlungen, Einschüchterungen und Erniedrigungen auftraten. Über Jahre – und teilweise bis zuletzt. Versagt wurde auf allen Ebenen.
Darum ist es richtig, dass nun griffige Massnahmen folgen sollen. Amherd hat der Sport-Schweiz einen Steilpass gespielt. Die Verbände müssen ihn nun annehmen und damit etwas anfangen. Sie müssen dafür sorgen, dass potentiell problematische Sportarten wie das Kunstturnen oder die Rhythmische Gymnastik die Kurve kriegen.
Was nicht passieren darf: Dass nun Sportarten wie die Rhythmische Gymnastik auf Spitzenlevel gleich ganz aus dem Programm gestrichen werden. Damit würden die Athletinnen bestraft, die den Mut aufgebracht haben, sich zu wehren. Es wäre das nächste Versagen eines Systems, das laut dem VBS-Bericht in den letzten Jahren seine Sportler im Ethik-Bereich im Stich gelassen hat.