Der Schweizer Turnverband kommt nicht zur Ruhe. In der SRF-Sendung «Rundschau» erheben sechs ehemalige Nachwuchshoffnungen im Trampolinspringen schwere Vorwürfe gegen die Cheftrainerin des Nordwestschweizerischen Kunstturn- und Trampolinzentrums NKL.
«Sie hat uns nie geschlagen, aber manchmal wäre es mir lieber gewesen, als dass sie mich psychisch so fertigmacht. Sie hat mir gesagt, dass ich aussehe wie ein Schwein und jeden Tag dicker und dicker werde», sagt eine Ex-Sportlerin. «Manchmal habe ich mir gewünscht, bei einem Sprung auf den Kopf zu fallen, damit ich wenigstens eine Zeitlang nicht mehr ins Training muss.»
Eine andere ehemalige Athletin erinnert sich: «Sie ist uns auf die Knie gesessen, damit sie besser gestreckt sind. Viele von uns haben bis heute Knieprobleme.»
Trainerin darf noch immer arbeiten
Die beschuldigte Trainerin weist die Vorwürfe via ihren Anwalt zurück. Von der Ethik-Stelle Swiss Sport Integrity ist sie provisorisch für die Zeit der laufenden Untersuchung suspendiert worden. Nach dem Rekurs bei der Disziplinarkammer des Schweizer Sports wurde die Sperre aufgehoben. Die Trainerin arbeitet weiter am NKL, darf sicher aber nicht mehr alleine mit Athleten in der Halle aufhalten.
Pikant sind die Anschuldigungen für die Führung der Schweizer Turnverbands STV. Nachdem Blick im Sommer 2020 Missstände in der Rhythmischen Gymnastik publik gemacht hatte und wenig später im «Magazin» die Magglingen Protokolle veröffentlicht worden waren, wechselte der Verband Anfang 2021 seine Spitze aus.
Die neue Crew um Direktorin Béatrice Wertli gelobte Besserung. Die neusten Vorwürfe soll sie aber monatelang nicht der zuständigen Ethik-Stelle gemeldet haben, so SRF. Der Turnverband hält dagegen. «Damals, als wir das problematische Verhalten zur Kenntnis nahmen, führten wir mit Arbeitgebern vor Ort Gespräche», so Wertli zur «Rundschau». «Als wir danach den Eindruck hatten, die Situation habe sich verbessert, liessen wir die Sache so laufen. Später stellten wir jedoch fest, dass dies doch nicht der Fall war und wendeten uns an Swiss Sport Integrity.» Ein laufendes Verfahren sei also der Grund für die Verzögerung gewesen.