Für das Eidgenössische in Aarau
König Capelli zeigt Hegi den Weg zur Krone

Zweimal in Folge gewann Claudio Capelli beim Eidgenössischen Turnfest. Nun steht Oliver Hegi als Thronfolger bereit.
Publiziert: 15.06.2019 um 13:02 Uhr
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Claudio Capelli turnt, Oliver Hegi schaut zu. Der zweifache ETF-Sieger Capelli kann aber Hegi an den Geräten nur noch wenig zeigen.
Foto: Christian Merz
Stefan Meier (Text) und Christian Merz (Fotos)

Der Kunstturn-König der Schweiz? Noch ist es Claudio Capelli. Der mittlerweile 32-Jährige hat 2007 in Frauenfeld und 2013 in Biel am Eidgenössischen Turnfest triumphiert. Die Titelverteidigung war zuletzt dem legendären Jack Günthard (+) in den 50ern geglückt. Capelli, ein würdiger König also.

Wenn es nach ihm geht, wird Oliver Hegi beim Eidgenössischen in Aarau heute im Mehrkampf die Thronfolge antreten. «Wenn er alles durchzieht, dann hat er die besten Chancen», sagt Capelli über den Reck-Europameister von 2018. «Vom Potenzial, der Ausgangsnote und der Qualität seiner Übungen ist er der Favorit.»

Hegi sieht Pablo Brägger, Christian Baumann oder Eddie Youssof als seine grössten Gegner an. Den Schlüssel zum Erfolg gegen sie verrät ihm Capelli in Magglingen.

An den Geräten kann er Hegi aber nicht mehr viel vorzeigen. «Ich kann nicht mehr so viel», sagt Capelli lachend. Seine Karriere hat er 2016 beendet, befindet sich in der Ausbildung zum Trainer und macht ein Praktikum beim Turnverband. Hegi hingegen ist einer der Top-Turner Europas.

Aber eben: Capelli weiss genau, was es am Eidgenössischen braucht. «Das wichtigste ist, alles auszublenden», sagt Capelli. Die Unmengen an Zuschauern etwa. Oder aber den Fakt, dass sich die Chance zum Festsieg nur alle sechs Jahre bietet. «Es mag es nicht leiden, abgelenkt zu sein. Du musst bei jedem Gerät voll dabei sein im Kopf.» Das ganze Fest muss aus den Gedanken verbannt werden.

Ausgerechnet für Hegi ist diese Herausforderung noch grösser. Er wohnt in Schafisheim und ist als Aargauer in Aarau der Lokalfavorit. Viele Verwandte, Bekannte und Freunde werden vor Ort sein und dem 26-Jährigen die Daumen drücken. «Ich nehme das als Bonus, das macht mich nicht nervös», sagt Hegi. Er sieht es als Möglichkeit, seinen Liebsten zu zeigen, wie er turnt, den Sport näher zu bringen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Die Zeit, in der ihn so was nervös gemacht hat, sei längst vorbei.

Doch das war eben nicht immer so. Hegi galt lange als mental fragil. Oft warf er zu früh die Flinte ins Korn. Wenn die Trainings nicht nach seinem Geschmack liefen, konnte er sich fürchterlich aufregen. Mit Hilfe eines Mentaltrainer hat er dieses Problem in den letzten Jahren in den Griff gekriegt.

Das Turnfest ist aber anders. Auch für Hegi. Die Grösse des Anlasses ist überwältigend. «Das hat mich in Biel vor sechs Jahren ziemlich beeindruckt», erinnert sich Hegi. «Wir können einer breiten Masse zeigen, was wir machen. Und wie das bei uns abläuft. Darum hat das Eidgenössische einen grossen Wert für uns Kunstturner. Bei einer Schweizermeisterschaft sind 100 bis 500 Leute dabei.» Alle sechs Jahre sind es mehrere Tausende.

Für Hegi ist es wohl die letzte Chance, den Thron zu besteigen. «Für ihn wird es schwierig, wenn er es jetzt nicht schafft. Ich weiss nicht, ob er 2025 dann noch dabei ist», mahnt Capelli. 32 Jahre wird Hegi sein, wenn das Turnfest dann in Lausanne steigt. Zusätzlicher Druck also, den er überwinden muss.

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