Mit gemischten Gefühlen verfolgte Benjamin Gischard nach dem Bodenfinal die Siegerehrung in der gut gefüllten Netto-Arena. Gebannt lauschte er der russischen Nationalhymne, die zu Ehren des Europameisters Artur Dalaloyan erklang. Die Enttäuschung des Berners über den nur knapp verpassten Sprung auf das Podium hielt sich aber in Grenzen. «Die Jungs auf den Plätzen 1 bis 3 sind so stark, da habe ich noch ein Stück Arbeit vor mir.»
Gischard zeigte im Final erneut eine starke Vorstellung, kam aber mit 14,500 Punkten nicht mehr ganz an seine Wertung der Qualifikation heran - auch, weil er zum Abschluss der Übung einen kleinen Ausfallschritt machen musste, der ihn ein paar Zehntel kostete. «Die letzte Bahn ist immer etwas ‹tricky›, weil man bereits die sauren Beine spürt», so Gischard. Er glaube aber nicht, dass die letzte Landung im Kampf um die Medaillen den Ausschlag gab. «Die andere waren schlicht ein Stück besser als ich.»
0,3 Punkte fehlen zur Medaille
Am Ende fehlten Gischard 0,3 Punkte zur Medaille, mit Platz 4 erreichte er aber das beste Einzel-Ergebnis seiner Karriere an internationalen Titelkämpfen; 2016 war er Teil der Schweizer Mannschaft gewesen, die in Bern EM-Bronze gewann. Auch wenn es nicht zur erhofften Medaille reichte, hat der 23-Jährige aus Herzogenbuchsee einen weiteren Schritt nach vorne gemacht. «Ich hatte die Nervosität im Griff und in der Qualifikation eine meiner saubersten Übungen überhaupt geturnt.» Im Final gelang es ihm, diese Leistung zu bestätigen.
Am Sonntag bietet sich Gischard am Sprung eine weitere Gelegenheit, einen Final zu bestreiten. In Anbetracht der scheinbar übermächtigen Konkurrenz aus Osteuropa gehört er aber an diesem Gerät zu den Aussenseitern auf eine Medaille, zumal er das für die WM im Herbst geplante schwierigere Programm noch nicht springt. «Dass es überhaupt für den Final gereicht hat, kam überraschend», sagte Gischard. «Ich habe nichts zu verlieren.» Ebenfalls am Sonntag im Einsatz stehen Christian Baumann am Barren und Ilaria Käslin am Schwebebalken.
Russische Dominanz
Dalaloyan holte nach dem WM- nun auch den EM-Titel am Boden. Der EM-Zweite im Mehrkampf verwies Artem Dolgopyat aus Israel und Landsmann Dimitri Lankin auf die Ehrenplätze. Mehrkampf-Europameister Nikita Nagorni blieb als drittstärkster Russe der Qualifikation die Final-Teilnahme verwehrt.
Auch an anderen Geräten dominierten die russischen Athleten. In Abwesenheit des Griechen Eleftherios Petrounias, dem Europameister der letzten vier Jahre, gewann Denis Abljasin Gold an den Ringen. Am Sprung holte die zweifache Weltmeisterin Maria Paseka ihren zweiten EM-Titel, am Stufenbarren siegte Anastasia Iljankowa. Nur am Pauschenpferd ging der Titel nicht nach Russland. Der britische Olympiasieger Max Whitlock siegte überlegen.