Damit hat gestern wohl niemand der 4800 Fans in der PostFinance-Arena gerechnet. 20 Jahre nach Donghua Li hat die Schweiz wieder einen Star am Pferdpauschen: Christian Baumann holt EM-Bronze!
Auf die Frage, ob er wisse, wann und durch wen die letzte Medaille für die Schweiz an diesem Gerät gewonnen wurde, muss er passen. Damit hat sich der 21-jährige Aargauer gar nicht auseinandergesetzt – denn auch für Baumann selbst und sogar für Headcoach Beni Fluck kommt der Erfolg am Pferd überraschend. «Da glaubten wir am wenigsten dran», sind sie sich einig.
Er habe eine rechte Portion Glück gehabt, gibt Baumann zu. «Ich hatte nichts zu verlieren, wollte eigentlich Vollgas mit viel Risiko geben.» Aber dann sah er als vorletzter Starter zu, wie das bockende Pferd einen Favoriten nach dem anderen abwarf. «Dann zügelte ich das Risiko wieder und zog eine sichere, dafür saubere Übung durch.»
Eine schlaue Entscheidung, die ihn sensationell – vor den Augen von Turnstar Giulia Steingruber, die gestern ins EM-Camp einrückte – aufs Podest katapultiert. «Es bleibt Bronze – ich habe es verdient.»
Enttäuschender verlaufen dann seine nächsten Shows. Am Barren reicht es dem Silber-Helden der EM 2015 nur für den 6. Platz. «Dass ich da nicht besser war, ärgert mich schon», so Baumann. Es sei alles etwas schnell gegangen. «Gleich nach der Siegerehrung musste ich ans nächste Gerät – dort hatte ich dann etwas müde Arme.»
Die Müdigkeit setzt auch Team-Captain Pablo Brägger (23) zu. Am Boden reicht es dem EM-Dritten von 2015 nur für Platz 5, vor allem die verpasste Medaille am Paradegerät Reck ist enttäuschend. «Ich war nicht mehr so spritzig wie zuvor», bedauert der St. Galler. «Wir hatten keine 24 Stunden vom Team- bis zum Gerätefinal. Dazwischen Medien, Dopingkontrolle und ein spätes Essen – das war wohl alles etwas viel.»
Nach der Bomben-Qualifikation und dem historischen Final, der zur ersten EM-Bronze für die Schweiz führte, gelang auch Benjamin Gischard (20) am Sprung keine Top-Leistung mehr. Captain Brägger ist sich aber sicher, dass schon am Abend alle wieder guten Mutes sein würden. «Wenn wir zusammen feiern, kommt die Erinnerung an den tollen Team-Final wieder hoch. Wir nehmen viel Positives von hier mit. Und in Rio sind wir dann vielleicht noch ein wenig besser!»