Seit drei Monaten hat Jan van Berkel einen ganz besonderen Trainingspartner. Er hört auf den Namen Tim und liegt neben dem Triathlon-Ass in einem Korb, wenn dieser im Keller auf einer Rolle Rad fährt. «Beim Aufwärmen und beim Cool Down habe ich Tim oft bei mir. Das ist wunderschön», so der frisch gebackene Daddy. Wer nun einwendet, dass Tim ja eigentlich gar nichts tut, täuscht sich. Tatsächlich schaut er seinem Vater oft gespannt zu – als würde er kontrollieren, dass dieser auch ja richtig trainiert. «Und zuletzt hat Tim dabei erstmals bewusst Töne gemacht. Das war wunderschön.»
Sport ist Luxus
Van Berkel und seine Frau Sarah (Eiskunstlauf-Europameisterin 2011) geniessen seit Tims Geburt die neue Dreisamkeit in vollen Zügen. Sie verbringen viel Zeit zusammen – auch weil das Coronavirus die Sportwelt still legt. Der Ironman-Sieger von Zürich (2018 und 2019) fährt weder ins Trainingslager noch zu Wettkämpfen, sondern schuftet meist in den eigenen vier Wänden. «Ich will bereit sein, wenn wieder Normalität einkehrt», sagt er.
Immerhin: Draussen Joggen und Radfahren – das geht. Auch an der frischen Luft. «Aber nur alleine», präzisiert Van Berkel. Die Corona-Krise habe ihm vor Augen geführt, dass Sport seine Liebe und sein Beruf, aber letztlich doch nur Luxus sei. «Er wird sekundär. Ich merke selbst, dass ich mehr nach den Leuten um mich herum schaue. Die Gesundheit ist das Wichtigste.»
Schwimmen im Keller vom Kollegen
Van Berkel weiss, wovon er spricht. Sein Vater ist 80 Jahre alt und Risikopatient. «Und jetzt kann er seinen Enkel nicht sehen. Das ist hart. Sarah, Tim und ich isolieren uns zum Schutz», so Van Berkel. Das Training hilft dabei, es ist auch Ablenkung. Vor allem das Schwimmen stellt derzeit aber ein grösseres Problem dar. «Stimmt. Denn alle Bäder haben geschlossen», sagt der 34-Jährige. Kommt dazu, dass die nationalen Leistungszentren in Magglingen und Tenero nur für Olympioniken offen stehen. Das ist der Ironman-Spezialist nicht.
Doch auch hier hat Tausendsassa Van Berkel eine Lösung gefunden. So findet er das begehrte Nass im Keller eines Kollegen. Der Pool ist dabei viel zu klein, um Längen zu schwimmen. Dank Gummiseilen, welche Van Berkel sich um die Hüfte schnallt, kann er dennoch an Ort und Stelle schwimmen. «Es ist nicht das Gleiche wie draussen, aber viel besser als nichts», sagt er. Übrigens: Auch bei seinen Schwimm-Ausflügen lässt der Zürcher grösste Vorsicht walten. «Wenn ich zu meinem Kollegen gehe, stehen alle Türen bereits offen. Und ich halte stets Abstand zu ihm. Trotzdem desinfizieren wir danach sogar nochmals alle wichtigen Stellen.
«Meine Sponsoren halten zu mir»
Noch schliesst Van Berkel – ganz im Gegensatz zu vielen anderen– nicht aus, dass er in diesem Jahr noch Wettkämpfe bestreiten wird. Der Wichtigste ist der Ironman in Hawaii im Oktober. «Momentan würde ich schätzen, dass er zu 90 Prozent stattfindet.»
Gleichzeitig ist Van Berkel dafür gerüstet, sollte er sich doch irren – auch finanziell. «Früher war ich der einsame Wolf, ich machte mir keine Gedanken. Als Vater wurde das anders. Doch unser Lebensstil ist keine Geldvernichtungsmaschine. Und meine Sponsoren halten zu mir. Ich würde auch eine Saison ohne Preisgelder überstehen.»