Angry Bird, wütendes Vögelchen, wird Daniela Ryf gerufen, die vierfache Siegerin beim Ironman Hawaii und Sportlerin des Jahres. Ihr Spitzname bezieht sich auf ein Videospiel, dessen Star ein ehrgeiziger, wagemutiger und hoch energetischer Vogel ist. Dieser aber zwitschert derzeit seltsam zurückhaltend.
«Es geht maximal um eine Standortbestimmung», sagt Ryf zum Saisonstart in Oceanside (USA). Wichtiger als ein «super Resultat» beim Halb-Ironman sei es, dass sie seit Wochen gut trainieren könne. Understatement gehört zum Geschäft vieler Top-Triathleten. Umso triumphaler steigen sie später aufs Siegerpodest. Man täusche sich nicht: Ryf will siegen. Immer.
Auf Instagram kann man ihre gewaltigen Trainingspensen seit Wochen mitverfolgen. «Heute 6 km Schwimmen», kommentiert sie etwa eine Morgenszene aus dem Pool. Klar, nur die Stärkste bekommt Respekt.
In Oceanside ist die Konkurrenz überschaubar, und die Strecke dürfte sie als «very easy» empfinden. Ohne Zwischenfälle wird sie allen davonfliegen.
Ryf will die Leute begeistern
Dominanz hat indes eine Schattenseite – sie macht träge. Ryf ist 31, hat alles mehrfach gewonnen, oft überlegen. Warum also Tag für Tag die immergleiche Mühsal: schwimmen, radeln, laufen, essen, schlafen? Und warum all die Rennen, wenn man sie locker gewinnt? Ryf will «ihre Fans in den USA überraschen», «die Leute begeistern» und «den Männern näher kommen». Man glaubt es ihr gern, allein, darin spiegelt sich ihr Luxusproblem – die grenzenlose Überlegenheit.
Die Zeit scheint «überryf», dass ihr ernsthafte Konkurrenz erwächst. Unvergessen, wie sich die frühere Queen of Kona, Natascha Badmann (52), vor 20 Jahren mit Lori Bowden duellierte – und dauerhaft Impulse wider den sättigenden Endlos-Erfolg setzte.