St. Moritz–Bernina–Tirano– Chiavenna–Maloja–St. Moritz. 200 Kilometer, 2000 Höhenmeter, Regen auf der Bernina – nur eins der Radtrainings von Daniela Ryf (33) in dieser Woche. Seit geraumer Zeit weilt die Ironman-Queen im Höhentrainingslager in St. Moritz, abgeschottet von den Fährnissen unserer Tage. Sie kraxelt über Pässe, schwimmt und rennt unaufhörlich, absolviert Trainingsumfänge, die überirdisch scheinen. Wofür bloss?
Die Triathlon-Saison war zu Ende, bevor sie begonnen hatte. Die meisten Athleten, die im Oktober 2019 die WM auf Hawaii bestritten, haben seither keine Startlinie mehr gesehen. Sie warten wie Godot – auf Wettkämpfe, die nie kommen.
Ryfs Rückzug vom Davos-Triathlon
In ganz Europa gehen nur wenige Triathlons mit rigiden Schutzkonzepten über die Bühne. Hierzulande fallen Saisonstart und -ende beinahe zusammen, am Samstag bei der Challenge Davos und zwei Wochen später beim Uster Triathlon. Ryf war kurze Zeit für Davos gemeldet, doch nun fehlt sie auf der Startliste. Warum bloss?
Sie verzichtet nicht nur auf das erste Rennen seit zehn Monaten, sondern auch auf eines direkt vor der Haustür – auf das «unerwartete Highlight des Jahres», so das Szeneportal «pushing-limits.de». Kein Triathlon werde in diesem Jahr «so heiss und innig herbeigesehnt wie die Challenge Davos». Hochkarätig das Starterfeld, lukrativ die Siegprämien, grandios die Kulisse. Die Radstrecke führt zweimal auf den Flüelapass, 1770 Höhenmeter, massgeschneidert für Bergziegen.
Warum verzichtet Ryf? Triathletenpläne sind bisweilen unergründlich, gewiss. Trotzdem fragt man sich: Hat Ryf Angst vor Corona? Scheut sie das Duell mit Konkurrentinnen wie der Hawaii-Vierten Laura Philipp? Hat sie keinen Bock auf Siegerbildli, auf Fans, auf die Community? Race Feeling jedenfalls, der Leitstern im Triathlon, findet sie bis auf weiteres nirgendwo.
Ryf lässt über ihre Managerin ausrichten, dass sie gleichentags einen Sponsorentermin wahrnehme. So verständlich wie bedauerlich: Die Galionsfigur des Schweizer Triathlons verpasst eine einmalige Chance, sich in schwierigen Zeiten öffentlich zu inszenieren.
Es ginge auch anders, das zeigen Imogen Simmonds, Ronnie Schildknecht und Jan van Berkel. Die drei Schweizer Top-Triathleten messen sich in Davos mit der internationalen Konkurrenz (vermutlich bei garstigem Wetter). Und sie fahren mit gut 60 Gümmelern beim Charity Ride (Velos für Afrika) rund um den Zürichsee. Community Building für einen guten Zweck – entzückt auch Sponsoren.