Die Eisenharte
Über die Härte von Daniela Ryf muss man nicht viel sagen. Vier Mal hat sie den Ironman in Hawaii gewonnen. In Serie. Gelingt heuer der fünfte Streich, bedeutet das Rekord. Nicht einmal ein Quallenbiss und höllische Schmerzen können sie im letzten Jahr stoppen. Iron Ryf, eisenhart. «Das Leiden gehört dazu, um ans Ziel zu kommen», sagt Ryf. «Wenn es nicht weh macht, verändert sich nichts», meint sie zu ihrem Training. So hart sie ist, sie braucht den Schmerz nicht. «Es darf auch etwas weniger spektakulär sein als letztes Jahr.» Quallenbiss? Braucht Ryf nicht.
Das Weichei
Ryf sagt über ihren Ruf klar: «Ich habe nicht das Gefühl, besonders hart zu sein.» Sie sagt von sich selbst, zwei Seiten zu haben. Im Privaten muss sie nicht immer mit dem Kopf durch die Wand. Sie ist keine Masochistin, die den Schmerz geniesst. «Ich leide nicht mega gerne», stellt Ryf klar. Das zeigt sich auch im Alltag immer wieder. Manchmal jammere sie auch bei ihrem Trainer Brett Sutton, wenn sie den Trainingsplan für den Tag sehe. «Ich gränne manchmal», so nennt es Ryf. Seine Antwort? «Er meint dann, ich soll nicht zu soft werden.» Wenn sich bei Ryf eine Verletzung anbahnt, ist jegliche Härte dann sogar weit weg. «Da bin ich sehr sensibel», sagte sie erst im letzten Jahr der «Schweizer Illustrierten». Ryf flüchtet sich dann auch mal in Selbstdiagnosen, malt den Teufel an die Wand. «Wenn ich merke, dass etwas nicht stimmt, bin ich sogar eine Mimose.»
Die Wettkämpferin
Das Leben von Ryf besteht zu einem riesigen Anteil aus Training. Ihre Aussage überrascht deshalb: «Im Training werde ich selten jemanden beeindrucken, mich selber auch nicht.» Ihre Leistungen seien um zwanzig Prozent schlechter als im Rennen, schätzt die Solothurnerin. Sie misst sich deshalb im Training auch ungern mit anderen, weil sie das deprimieren würde. «Es gibt Trainingsweltmeister, die aber nie Weltmeister werden. Und dann gibt es solche, die im Training nicht so gut sind und es dann im Rennen hinbringen. Ich bin definitiv der Wettkampftyp.»
Die Unbesiegbare
Der letzte Ironman, den Ryf nicht gewinnen konnte, wenn sie einmal gestartet ist? Das war am 3. Juli 2016 (!) in Frankfurt, als sie aufgeben musste. Seither ist sie über die Langdistanz ungeschlagen, reihte 11 Siege aneinander. In der Halbdistanz dauert ihre Ungeschlagenheit zwei Jahre an. «Aber ich bin nicht unschlagbar», widerspricht Ryf. «Ich weiss das. Und das hilft mir, motiviert zu bleiben. Denn wenn ich die tägliche Arbeit nicht mache, geht es schnell rückwärts, und ich werde langsamer.»
Während in der Szene viele darauf warten, dass Ryf endlich wieder einmal verliert, lässt ihre unheimliche Bilanz sie selbst schon fast kalt. «Es wäre schrecklich, wenn es für mich nur noch darum ginge, nicht zu verlieren. Da würde ich ja hoffen, dass die anderen schlecht sind. Aber es geht im Sport darum, zu zeigen, was man erreichen kann gegen die Besten.»
Die Geniesserin
Daniela Ryf verfolgt einen knallharten Trainingsplan. Da muss ab und zu auch einmal etwas für die Seele drinliegen. Ryf kann durchaus geniessen. Sie hat es sich zur Gewohnheit gemacht, sich zwei Tage vor dem Rennen etwas zu gönnen. «Ich geniesse dann ein gutes Glas Wein und ein feines Stück Fleisch. Viele können das kaum glauben, aber es tut meinem Kopf gut – und der macht die Hälfte des Rennens aus», offenbarte sie einst in der «Basler Zeitung». Auch im Trainingslager dieses Jahr in St. Moritz durfte das Leben neben dem Leiden nicht zu kurz kommen. Mit ihrer Trainingsgruppe hat Ryf viel unternommen, war essen, ging aus. «Das hat mir viel gegeben, ich hatte sehr viel Spass.»
Die Weibliche
Bei all der Kraft, Härte und Leidensfähigkeit: Daniela Ryf betont auch gerne ihre weibliche Seite. Sie zeigt ihren gemeisselten Body in sexy Posen auf Instagram oder in Magazin-Shootings. Ryf: «Ja, ich sehe gern gut aus, ich bin doch auch eine Frau. Ich habe gelernt, stolz auf meinen Körper zu sein.»
Die Unvergessliche
Was will Daniela Ryf? Es sind nicht die Siege, die sie antreiben, nicht die Rekorde, die sie bricht. Ryf: «Es geht mir darum, Rennen zu zeigen, die Leute beeindrucken. Rennen, die man nicht vergisst und die mich selber stolz machen. Das spornt mich an.»
Die Unsichere
Nicht immer war Ryf derart mit ihrem Körper im Reinen. Als sie noch jünger war, hatte sie Mühe, mit den Schönheitsidealen klarzukommen. Sie fand, zu viele Muskeln zu haben, zu wenig weiblich zu sein. Sie hat diese unsichere Seite in sich besiegt, sie in den Hintergrund gedrängt. Indem sie gelernt hat, dass in den Muskeln ihr Lebensglück liegt. «Ich weiss, was mein Körper kann. Wie ein Körper aussieht, sagt absolut gar nichts darüber aus, was er wirklich kann.»
Sie hat heute volles Vertrauen in ihren Körper, es ist das Geheimnis für ihren Erfolg. «Es kommt nicht darauf an, wie mein Körper aussieht, sondern, was drinsteckt.» Eine gewisse Unsicherheit schimmert aber durch: wenn andere Athletinnen beim grössten Star der Szene vor Ehrfurcht erstarren, was immer wieder vorkommt. «Die begegnen mir mit so viel Respekt, dass ich denke, das verdiene ich gar nicht.»
Die Selbstbewusste
Ryfs Superstar-Status ruft auch die Gegnerinnen auf den Plan. Einige wetzen die Messer, wollen sie um jeden Preis schlagen. Was sind die Gedanken der Schweizerin dazu? Kommt nur! «Das ist auch richtig so. Das motiviert mich und bringt mich aus der Komfortzone», erklärt Ryf.
Ihre grosse Selbstsicherheit zeigt sich auch darin, dass sie auf modernen Firlefanz verzichtet. Leistungsdiagnostik, um ihren Körper zu überwachen, meidet sie. Stattdessen horcht sie in sich hinein. «Ich höre einfach auf mein Gefühl.» Das kann definitiv nur, wer ein gesundes Selbstbewusstsein hat.