Niedergeschlagen und unter Tränen spricht Timea Bacsinszky nach ihren zwei verlorenen Matches beim Fed-Cup-Halbfinal in Luzern von ihren Problemen. Vom selbst auferlegten Druck. Von der überwältigenden Erwartungshaltung im gefüllten Stadion beim lang ersehnten Heimauftritt gegen Tschechien.
In einem Nebensatz sagt die Lausannerin: «Es war auch privat eine komplizierte Woche.» Ob sie das näher erklären wolle? «Nein, will ich nicht.»
Nun kommt ans Licht: Es steckt einmal mehr Vater Bacsinszky dahinter. Er wollte ins Stadion – und sie hat davon erfahren.
Papa Bacsinszky am Eingang aufgehalten
Herr Bacsinszky hat von Swiss Tennis, der Mieterin der Messehalle in Luzern, unter Androhung einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch Hausverbot erhalten. Das steht im Brief, der ihm vor dem Stadion persönlich übergeben wird und den er erbost BLICK zukommen lässt.
Igor Bacsinszky reist am Samstag mit dem Auto aus Budapest an. Um 13 Uhr, als Timea schon auf dem Platz steht, will er in die Halle. Aber er wird erkannt. «Ich wurde von einem Polizisten angehalten und musste meinen Ausweis vorweisen. Daraufhin übergab er mir den Brief von Swiss Tennis. Und er gab mir die 250 Franken für das Wochenend-Ticket zurück.»
Alle Tricks von Igor Bacsinszky nützen also nichts. «Ich liess die Tickets extra von jemand anderem kaufen, damit niemand wissen konnte, dass sie für mich sind. Es tut mir leid, dass Timea davon erfahren hat und womöglich deshalb so schlecht spielte. Das wollte ich alles gar nicht.»
Igor Bacsinszky ist besessen davon, wieder Teil von Timeas Leben zu sein. Letzten August probiert er es sogar mit einem offenen Brief an Timea (im SonntagsBlick).
Timea hat längst mit ihm abgeschlossen
Seit Jahren sucht der frühere Trainer den Kontakt zu seiner Tochter, die er in ihrer Jugend um jeden Preis und mit zweifelhaften Methoden zu einem Star trimmen wollte. Und die wegen ihm das Tennis zu hassen beginnt, bis sie das Racket an den Nagel hängt. Er schreibt zu Weihnachten, an Geburtstagen, gratuliert bei Siegen. Erfolglos.
Die 26-Jährige will ihren Vater weder sehen noch hören. Sie hat längst mit ihm abgeschlossen: «Ich habe keinen Vater mehr.» Er sei bösartig, habe sie wie einen Niemand behandelt. Und ihr die Kindheit, die der Horror war, gestohlen.
Vor vier Jahren kam sie zurück und feierte ein glänzendes Comeback, das sie bis heute in die Top 20 führte. Heute – nach Jahren psychologischer Betreuung – sei sie glücklich und mit sich im Reinen.
Ihr teils desolater Auftritt und ihre vielen Tränen zeigen aber, wie sehr sie der Vater noch immer aus der Bahn werfen kann. Wie zerbrechlich ihre Psyche nach wie vor ist. «Ich suchte auf den Tribünen. Wo sitzt meine Familie, wo sitzt der Coach? Das ist nicht gut für die Konzentration», sagte sie am Sonntag. Die Vermutung liegt nahe, dass sie auch Angst hatte, ihren Vater zu entdecken.
Nicht auszudenken, wozu eine fokussierte Timea fähig gewesen wäre. Gut möglich, dass Igor Bacsinszky ihr und der Schweiz den historischen Final-Einzug verdorben hat.
Der Fed Cup hat zwei hoch emotionale Geschichten geschrieben. Der märchenhafte Aufstieg von Viktorija Golubic. Und die zerbrechliche Psyche einer jungen Frau mit Namen Timea Bacsinszky.
Ja, Luzern, das war auch ein trauriges Stück Sportgeschichte.