Wer ist der erfolgreichste Tennis-Spieler des Jahres? Gemäss der Weltrangliste gehört dieser Titel erneut Novak Djokovic, der bereits vor den ATP Finals als Nummer 1 zum Jahresende feststeht. Der Serbe schafft dies zum sechsten Mal, womit er den Rekord seines Jugend-Idols Pete Sampras egalisiert.
Dabei steht gleich in zwei Kategorien ein Rotschopf dem Djoker vor der Sonne: Andrei Rublew hat 2020 sowohl mehr ATP-Titel (5:4) als auch mehr Siege (40:39) auf dem Konto. Schon zum Jahresbeginn triumphierte der Russe in Doha und Adelaide, nach dem Wiederbeginn kamen Trophäen in Hamburg, St. Petersburg und Wien dazu. Als Weltnummer 8 qualifizierte er sich erstmals fürs Tour-Finale der Jahresbesten.
Federer erwartete «etwas Spezielles»
Einer, der den Aufstieg des 23-jährigen Moskowiters kommen sah, war Roger Federer. «Ich denke, Rublew wird etwas Spezielles machen», sagte der Schweizer Ende 2019, als er für die ATP einen Blick in die Glaskugel werfen sollte. Federers Prophezeiung stand unter dem Eindruck des bisher einzigen Duells der beiden: Im Achtelfinal von Cincinnati – mit sieben Siegen eines seiner Lieblings-Turniere – unterlag er Rublew in nur 63 Minuten. Es war Federer schnellste Niederlage seit über 16 Jahren.
Rublew dominierte die Partie gegen Federer mit seiner Vorhand, die – besonders aus dem Lauf heraus – zu den gefährlichsten Schlägen auf der Tour gehört. Dank dieser Vorhand wurde der Junioren-Champion von Roland Garros 2014 zusammen mit seinen Ländsmännern Karen Chatschanow (24, ATP 20) und Daniil Medwedew (24, ATP 4) schon früh als «Die drei Musketiere» der russischen Tennis-Zukunft bezeichnet.
Dass der Durchbruch bei Rublew auf sich warten liess, ist einerseits einer Rückenverletzung geschuldet, die ihn anfangs 2019 aus den Top 100 bugsierte. Andererseits fiel der Sohn eines ehemaligen Boxers und einer Tennis-Lehrerin immer wieder durch seinen mentalen Aussetzer auf.
Wann klappts an den Grand Slams?
Diese Zeiten sind inzwischen vorbei. Rublew, der seit 2015 mit der lettischen Tennis-Spielerin Anastasija Homutova (24) liiert ist, kann auch dank seines verbesserten Aufschlags fast jeden Gegner auf der Tour dominieren. Was noch fehlt, ist ein Exploit an einem der Grand Slams, wo die Viertelfinals (Paris 2020, New York 2017 und 2020) sein bestes Resultat sind.
«Das Level ist halt extrem hoch und an der Spitze ist nicht Platz für alle», erklärt Rublew lapidar den fehlenden Sieg bei einem grossen Turnier. Vielleicht hat er das von Federer vorausgesagte «Spezielle» aber auch für die ATP Finals aufgespart. Dort trifft Rublew ab Sonntag in der Gruppe «London 2020» auf Rafael Nadal (ATP 2), Dominic Thiem (ATP 3) und Stefanos Tstsipas (ATP 6). (cmü)