Vorweg: Federer gewinnt – aber so hat er sich das in seinem ersten Match an seinem Lieblingsturnier seit dem dramatisch verlorenen Final gegen Novak Djokovic vor zwei Jahren bestimmt nicht vorgestellt.
Was ist passiert? Hier Federers Match im Zeitraffer: Schon die ersten drei Punkte sind ein Vorbote des dramatischen Matchverlaufs für den achtfachen Champion. Federer sieht sich gleich drei Breakpunkten gegenüber. Doch im Verlauf des ersten Satzes fängt sich der Schweizer, bringt seinen Aufschlag locker durch, mach einen von sechs Breakpunkten – nämlich den letzten zum 6:4.
Das sollte Aufwind geben, tut es aber nicht. Im zweiten Satz ist Mannarino der bessere Mann auf dem Centre Court, der eigentlich Federers Wohnzimmer sein sollte. Aber dem fehlt bei seinem Comeback nach zwei Knie-OPs und wenig Matchpraxis noch immer das Selbstvertrauen. Und selbst einer wie Mannarino, der in seiner Karriere erst einen ATP-Titel (2019 auf Rasen) gewinnen konnte, glaubt heute daran, dass der 39-jährige Rasenkönig verletzbar ist.
Zu viele Geschenke
Zwar fällt kein Break, aber Federer verteilt dem heute 33 Jahre alt werdenden Linkshänder deutlich zu viele Geschenke (19:6). Im siebten Duell, von denen er bis heute alle sechs gewonnen hat, kommt es zum ersten Tiebreak zwischen den beiden. Und nach einer äusserst schwachen Leistung in der Kurzentscheidung (3:7) kommt es zum erst zweiten Satzgewinn für den Franzosen!
Und Durchgang 3 startet im gleichen Stil: Break für Mannarino. Federer holt es sich zurück. Doch statt dass ihm der Ausgleich Flügel verleiht, lässt er sich diese sogleich wieder stutzen. Zu null gibt Roger seinen Aufschlag ab, Mannarino bestätigt und gewinnt wenig später mit 6:3.
Ein Best-of-3-Match hätte Federer nun nach gut zwei Stunden verloren. Aber beim Grand Slam in Wimbledon geht es zum Glück weiter über fünf Sätze… Er sollte schleunigst einen Gang höher einlegen. Und das tut er!
Bittere Verletzung bei Federer-Gegner
Als wäre er ein anderer Spieler punktet der Baselbieter in Folge reihenweise, macht ein frühes Break, führt bald mit 5:2. Und dann folgt das zweite Drama innert 24 Stunden aus französischer Sicht gegen die Schweiz: Mannarino stolpert, stürzt auf sein Knie und bleibt mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Auch ein medizinisches Time-Out nützt nichts. Bis zum Ende des vierten Satzes stellt er sich noch auf den Platz, doch dann ist aus. Verletzt gibt Federers Auftakt-Gegner auf.
«Das ist grausam. So sollte es nicht laufen. Aber es ist ein Wink, wie schnell es gehen kann. Es zeigt, dass ein Schlag alles ändern kann – ein Match, eine Saison, eine Karriere», sagt Federer im anschliessenden Interview. So richtig freuen kann er sich über diesen Sieg nicht, denn er weiss: «Adrian war der bessere Spieler, er hätte das Spiel gewinnen können. Ich hatte etwas Glück.»
Zum Schluss sieht er doch noch Positives nach zweidreiviertel Stunden auf dem heiligen Rasen: «Ich bin weiter, und bis auf das Ende hat es Spass gemacht, zurück in Wimbledon zu sein. Und ich bin froh, eine zweite Chance in der zweiten Runde zu haben.» In dieser bekommt er es erneut mit einem alten Bekannten aus Frankreich zu tun: Richard Gasquet (ATP 56).
Hier gibts alle Stimmen von Roger Federer nach der Partie auf einen Blick!