«Wer weiss, was sonst passiert»
Anwälte mussten Sinner zum Doping-Deal überreden

Tennis-Superstar Jannik Sinner sah nicht ein, wieso er eine Sperre von drei Monaten akzeptieren sollte. Dies zeigt ein Blick hinter die Kulissen des Doping-Deals.
Publiziert: 09:40 Uhr
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Jannik Sinner wurde für drei Monate gesperrt.
Foto: AFP

Die dreimonatige Dopingsperre von Jannik Sinner (23) spaltet die Tennis-Welt: Viel zu lasch finden die einen, viel zu hart die anderen. Die Strafe ist das Resultat eines Deals, den Sinners Team mit der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) eingegangen ist.

Dabei wollte der Italiener das Angebot der Wada eigentlich nicht annehmen, wie eine Recherche der BBC zeigt. «Jannik hat gemeint: ‹Warum sollte ich das machen, wenn das erste Tribunal mich ohne Sperre freigesprochen hat›», verrät Sinners Anwalt Jamie Singer. Sinner beruft sich auf die International Tennis Integrity Agency, die ihn im letzten Sommer trotz zwei positiven Tests auf das Steroid Clostebol nicht gesperrt hatte. 

Bei Sinners Team ging offenbar die Angst um, dass die Wada nicht so zimperlich mit ihrem Schützling umgehen würde. Wäre er nicht auf den Deal eingetreten, hätte die Wada den Fall vor den Sportgerichtshof Cas gezogen. «Man weiss nie, was bei einer Anhörung passiert», sagt Anwalt Singer. «Und wir wissen, dass die Wada gerne ein Jahr Sperre hätte. Wenn wir ihr Angebot nicht annehmen, werden sie vor Gericht gehen, mit dem Ziel von einem Jahr. Und niemand weiss, was die drei Richter entscheiden werden.»

Der Blick hinter die Kulissen zeigt, dass selbst die Ankläger nicht an Sinners Schuld geglaubt haben. «Der Fall ist meilenweit von Doping entfernt. Das beweisen die wissenschaftlichen Ergebnisse», sagt Ross Wenzel von der Wada. «Vor dem Cas wäre Sinner entweder freigesprochen oder für mindestens ein Jahr gesperrt worden.» Beides ist für Wenzels Empfinden falsch: «Ein Freispruch würde einen zentralen Teil unserer Regeln untergraben. Eine lange Sperre wäre eine unnötig harte Bestrafung.»

Wada geht über die Bücher

Auch deshalb will die Wada ihre Regeln ab 2027 ändern: Wer wie Sinner ohne eigenes Verschulden positiv getestet wird, soll mit einer Verwarnung davonkommen können. «Unter den neuen Regeln hätte Sinner einfach einen Klaps auf die Finger bekommen», glaubt ein anonymer Wada-Mitarbeiter.

Für viele Beobachter ist selbst die dreimonatige Sperre, die Sinner doch noch akzeptiert hat, nur ein Klaps auf die Finger. Denn die Weltnummer 1 verpasst in dieser Zeit kein Grand-Slam-Turnier und wird anfangs Mai beim Heimturnier in Rom auf die ATP-Tour zurückkehren können. 


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