Wow! Dominic Stricker (21) landet im bislang grössten Match seines Lebens tatsächlich den Mega-Coup. Der Qualifikant aus Grosshöchstetten BE bodigt an den US Open Weltnummer sieben Stefanos Tsitsipas (25) – und steht sensationell in der dritten Runde.
Stricker spielt beim 7:5, 6:7 (2:7), 6:7 (5:7), 7:6 (8:6), 6:3-Sieg über den Griechen rotzfrech auf und zeigt gleichzeitig starke Nerven, wenn es nötig ist. Es sind vier Stunden hochintensives Tennis-Spektakel. Drama pur.
Welch cooler Auftritt des Aussenseiters im 8000 Plätze fassenden Grandstand, dem drittgrössten Stadion der Anlage in Flushing Meadows. Als Stricker im zweiten Satz früh ein Break kassiert, antwortet er prompt, indem er Tsitsipas seinerseits das Aufschlagspiel abnimmt. Da staunt auch Trainer Dieter «Didi» Kindlmann, der immer wieder reinruft, Stricker solle «mutig» auftreten. Und genau das tut der junge Berner. Er spielt clever, ist gefährlich am Netz und stark mit der Vorhand.
Nach dem Triumph sagt der Weltranglisten-128. mit zitternder Stimme beim Platzinterview: «Ich fühlte mich vom ersten Satz an gut. Und ihr auf der Tribüne habt einen grossartigen Job gemacht und mir geholfen, über die fünf Sätze über vier Stunden zu kommen. Es war ein harter Kampf, aber jetzt bin ich super glücklich.»
Unschlagbarer Kampfgeist
Der erste Satz ist hochverdiente Beute des US-Open-Debütanten. Im Zweiten packt er – im Rausch seines fast in allen Belangen funktionierenden Spiels – gar einmal einen Tweener aus, setzt diesen aber knapp hinter die Grundlinie. Am Ende verliert er den Durchgang im Tiebreak, in dem wiederum Tsitsipas seine ganze Klasse ausspielt.
Doch Stricker gibt an diesem Tag in keiner noch so brenzligen Situation auf. Er verliert die Sätze zwei und drei im Tiebreak, ist aber auch in diesen jeweils unglaublich nahe dran. Im dritten Durchgang vergibt er gar einen Satzball. Und im vierten schafft er, wiederum in einem Tiebreak, tatsächlich den Satzausgleich. Die Zuschauer trauen ihren Augen kaum: Da spielt der aufstrebende junge Schweizer plötzlich auf einem Niveau, das alle verblüfft zurücklässt. Auch Tsitsipas.
Fantastisches Finish
Stricker baut trotz langer, anstrengender Games nicht ab. Im Gegenteil. Er geniesst die elektrisierende Atmosphäre, feuert die Fans sogar an. Coach Kindlmann ruft, am TV gut zu hören, rein: «Das ist dein Spiel.»
Und ja, das ist es! Denn wenig später steht es im entscheidenden, fünften Satz 3:0. Dann 5:2. Der Schweizer ist so locker drauf, dass er beim letzten und wichtigsten Seitenwechsel noch zu Whitney Houstons Song «I Wanna Dance with Somebody» mitsingen kann (im Video oben).
Momente später stehts 6:3. Spiel, Satz, Sieg Stricker. Es ist der absolute Schweizer Wahnsinn in der New Yorker Nachmittagssonne! Auch Stricker selber kann es kaum glauben: «Ich weiss nicht, wie ich es gedreht habe, aber irgendwie ist es gegangen. Ich habe es geschafft, das Niveau hochzuhalten. Ich bin sprachlos.» Es ist sein bisher grösster Erfolg. Seinen Zweitrunden-Einzug von Wimbledon hat er in nur wenigen Wochen getoppt.
Nun wartet auf ihn in der dritten Runde der Franzose Benjamin Bonzi (27, ATP 108). Und auf Tsitsipas? Völlig überraschend das Wundenlecken.