Unser TV-Nachtvogel hält durch
Schreihals Asarenka weg – Bald-Papi Murray leidet

Die 10. Nacht aus Melbourne. Zuerst jubelt Deutschland über Kerber, dann zweimal Grossbritannien mit erstmals zwei Halbfinalisten seit 1977, Konta und Murray. BLICK-Mann Roger Benoit ist weit über sieben Stunden dabei.
Publiziert: 27.01.2016 um 10:18 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:56 Uhr
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Murray behielt bei seinem Sieg gegen Ferrer einen kühlen Kopf.
Foto: AP
Roger Benoit

Zuerst die wichtigste Information für alle Freunde des gepflegten Tennissportes, die für Höhepunkte mal früher aufstehen wollen – oder gehörten Sie schon zur Familie des TV-Nachtvogels?

Die beiden Damen-Halbfinals steigen also auf Eurosport 1 am Donnerstagmorgen unserer Zeit um 03.30 Uhr: Serena Williams – Agnieszka Radwanska. Darauf folgt die Partie Angélique Kerber – Johanna Konta.

Wir erlauben uns da auch schon mal eine Final-Prognose: Das US-Kraftpaket Williams muss ihren Titel gegen die solide Deutsche Kerber verteidigen.

Doch diese Nacht hat uns gelehrt: Alles ist möglich. Ab 01.12 Uhr trat Kerber als Aussenseiterin gegen die zweifache Melbourne-Siegerin Victoria Asarenka an. Die Weissrussin, klar wieder im Aufstieg, hat einen kapitalen Fehlstart, liegt plötzlich 0:4 zurück. Eurosport-Mann Matthias Stach: «Für Asarenka ist dieser Satz noch nicht zu Ende!»

Aber nach 48 Minuten jubelt Kerber, die klare deutsche Nummer 1 in zehn Tagen beim Fed Cup in Leipzig gegen die Schweiz! Kerber gewinnt 6:4 und Stach warnt: «Angi muss offensiv bleiben.»

Der zweite Satz wird für die überall ungeliebte «Stöhn-Königin» Asarenka zu einem Tiefpunkt. Die Nummer 14 des Turniers, bisher so souverän, schreit und brüllt sich mit 2:0 und 5:2 in Führung! Stach: «Die Fernsehzuschauer hier von Channel 7 forderten vom Sender, dass man dies verbieten sollte und die Spielerin gehöre gesperrt!»

Am schlimmsten war es im Melbourne-Final 2012 gegen Maria Sharapowa. Stach: «Da wurden auf beiden Seiten über 100 Dezibel gemessen.»

Nun, das Stöhnen hält Kerber, die Nummer 7, wach – wie auch die TV-Fans, denn Stachs Stimme wird immer lauter. Diese überschlägt sich oft. Mehrmals hallt ein «Bravo» über die Weltmeere. Bei 5:3 hat Asarenka drei Satzbälle. Zwei weitere kann sie bei 5:4 nicht verwerten. «Sie ist da», schreit Stach beim 5:5. Die Weissrussin hat ihr eigenes Spiel längst verloren, kämpft nur noch gegen sich selbst und das Publikum.

Um 02.58 Uhr und dem 7:5 hüpft Kerber über den Platz. Stach kann es selbst nicht glauben – und sagt nur noch: «Ein grosser Tag für den deutschen Tennissport. Und jetzt steht die Finaltüre bei dieser Auslosung für unsere Angi ganz weit offen.»

Klar, um 03.18 Uhr steigt der andere Viertelfinal, dessen Vorhersage jeden Wetter zum Millionär gemacht hätte: Die ungesetzte Johanna Konta (24) fordert die Qualifikantin Shuai Zhang (27). Die Weltnummern 47 und 133 unter den letzten acht in einem Grand Slam-Turnier. Das gab es noch nie!

Reporter Marco Hagemann redet von einer Cindarella-Story. Bald wird klar, die Chinesin hat gegen die Britin ein zu limitiertes Repertoire, verliert nach 85 doch eher mühsamen Minuten 4:6 und 1:6. Für die in Sydney geborene Konta, Vater Hotel Hotelier, Mutter Zahnärztin, geht das Märchen weiter.

Ab 05.07 Uhr geht es für den Nachtvogel wieder einmal in die Verlängerung. Andy Murray (28), der bei seinen vier Finals 2010, 2011, 2013 und 2015 hier nie gewann, muss gegen den unbequemen Spanier David Ferrer (bald 34) ran. Der Schotte, als Nummer 2 gesetzt, holt sich den ersten Satz gegen die Nummer 8 mit 6:3.

Beim zweiten Satz kommt es zu einem Tiebreak, das Ferrer überraschend mit 7:5 für sich entscheidet. Dabei erleben wir einen Punkt über 31 Ballwechsel. Reporter Markus Zoecke, mit Alex Antonitsch ein angenehmes Mikrofon-Duo: «Einer hat mal gesagt, dass ein Spiel gegen diese Kampfmaschine Ferrer wie ein Besuch beim Zahnarzt ist – oder eben eine schmerzhafte Wurzelbehandlung.»

Es ist schon 07.02 Uhr, als es in den dritten Satz geht. Da wird dann aber Ferrer von Murray der Zahn gezogen – mit 6:4. In der Players Box applaudiert die Französin Amélie Mauresmo (36) mit. Sie ist vom Mutterschaftsurlaub zurück ­und coacht seit 2014 den Schotten.

Zoecke: «Es gibt eben Spieler, die brauchen eine weichere Hand!» Murrays Frau Kim ist nicht angereist. Sie erwartet in zwei Wochen das erste Kind. Dafür ist Andys Mutter da, sie coacht die Halbfinalistin Konta.

Im vierten Satz macht Ferrer einen 0:2-Rückstand wett, dann muss der «kleine Gigant, ein Fighter als Vorbild für alle jungen Spieler» (so Zoecke) aber anerkennen, dass Murray eben der bessere Spieler ist. Auch nach Assen (11:0). Um 08.34 Uhr ist das Spiel mit 6:3, 6:7, 6:2, 6:3 vorbei, Murray im Halbfinal.

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