Es war eine harte Nacht für die TV-Nachtvögel der langen australischen Tennis-Nächte im Januar. Immerhin konnte man sich im Fusball so schön aufwärmen, Barcelonas 5:0-Gala bei Betis Sevilla geniessen und dann über Lyons 2:1-Siegestreffer in der 94. Minute gegen Leader Paris SG staunen.
Superbowl-Halbfinals…
Dann kam zuerst noch ein längerer Blick auf die beiden NFL-Halbfinals. Superbowl-Serienmeister New England Patriots (mit Superstar Tom Brady) liess die Jacksonville Jaguars 24:20 abblitzen. Später schlief man beim 38:7 der Philadeldephia Eagles gegen die Minnesota Vikings fast ein
Also ab nach Melbourne, wo Deutschland um seine letzte Hoffnung im Turnier zitterte. Eurosport-Reporter Markus Theil, sonst ein angenehmer Nachtbegleiter, bezog natürlich klar Stellung für Kerber, die Nummer 16 der Welt und nur die die Nummer 21 des Turniers.
2017 stürzte Kerber ab
Angelique Kerber? Ja, die Deutsche hatte vor zwei Jahren in Melbourne ihr erstes Grand Slam-Turnier gewonnen (wie später auch noch beim US Open). Doch 2017 stürzte Kerber total ab. Jetzt ist sie wieder voll da, gewann 2018 alle ihre 12 Einzel. Dazu zählt auch der Hopman-Sieg gegen die Schweizerin Belinda Bencic.
«Der grausame erste Satz»
Und jetzt Erfolg Nummer 13? Der erste Satz gegen die Taiwanesin Hsieh, die bereits Muguruza (die Nummer 3) und Radwanska in zwei Sätzen nach Hause schickte, verlor Kerber. Nach einer 2:0 und 3:1-Führung! Theil: “Ein Netzroller beendet diesen grausamen ersten Satz für Kerber.»
Hören wir einfach mal dem Mann am Mikrofon zu: «Hsieh hat Angelique den Nerv gezogen. Da bleibt uns die Spucke weg. Kerberr schreit, ich kann sie verstehen. Hsieh spielt wie von einem andern Stern. Grandiose Ballwechsel, aber die Asiatin hat meist die bessere Antwort. Dieses Winkelspiel der Asiatin ist unheimlich. So stark hat Kerber die Nummer 88 der Welt sicher nicht erwartet.»
Hsieh schlief früher im Auto
Der zweite Satz tobte hin und her. Die Aussenseiterin, die zwei Grand Slam-Turniere im Doppel gewann und früher im Auto schlafen musste um Geld zu sparen, führte 3:2. Dann lag sie 3:4 hinten, um wieder mit 5:4 und 15:0 vom dritten grossen Sieg in Melbourne zu träumen. Da war es bei uns inzwischen 04.30 Uhr geworden.
Doch plötzlich kamen die Fehler, Kerber jubelte beim 7:5 wie nach einem Turniersieg. Sie schrie ins Publikum, ihr Ehrgeiz zerriss fast die Luft. Auch Theil war erleichtert: «Jetzt ist das Momentum auf ihrer Seite! War das endlich die Wende?»
Zwei Matchbälle abgewehrt
Der dritte Satz. Mit einem Break führte Kerber 1:0, Hsieh gelang das Re-Break. Doch ihre Winkelbälle und die versteckten Stoppbälle kamen jetzt nur noch selten. Bei 1:5 wehrte die kleine Zaubermaus zwar noch zwei Matchbälle ab. Der dritte bedeutete dann nach 2:09-Stunden Endstation. Theil: «Am Ende war Angelique so etwas von fit und giftig. Da ist plötzlich alles möglich. Die Kerber von 2017 hätte dieses Spiel nie gewonnen!»
«Ich lief lange nur herum»
Kerber nach dem Match: «Ich hoffe, ihr hattet etwas mehr den Plausch als ich», sagte Kerber zum Publikum – und lachte. «Ich bin zwei Sätze ja nur überall hingelaufen. Ich dachte immer nur an den nächsten Punkt, an die nächste Überraschung der völlig unberechenbaren Gegnerin!»
Die Viertelfinals
Jetzt wartet Madison Keys (die Nummer 17) auf Kerber. Die Amerikanerin fegte die Französin Caroline Garcia (Nummer 8) mit 6:3, 6:2 vom Platz.
Die andern Viertelfinals: Wozniacki (Dä, 2) – Suarez Navarro (Sp). Svitolina (Ukr, 4) – Mertens (Be). Dazu trifft Simona Halep (Rum/1), die Naomi Osaka schlägt (6:3, 6:2) auf Karolina Pliskova. Sie schlägt ihre tschechische Landsfrau Barbora Strycova um 1:34 Uhr Ortszeit mit 6:7, 6:3 und 6:2.
Wie gesagt: Eine klare Favoritin ist beim Australian Open 2018 bei den Frauen nicht auszumachen.
Sandgren wirft auch Favorit Thiem raus
Das Australien-Märchen von Tennys Sandgren geht ins nächste Kapitel. Der US-Amerikaner, der nur die Nummer 97 der Welt ist, schockt nach Stan Wawrinka nun auch den Österreicher Dominic Thiem (ATP 5). Sandgren setzt sich in einem epischen Match über Sätze mit 6:2, 4:6, 7:6, 6:7 und 6:3 durch. Im Viertelfinal wartet jetzt überraschend statt Djokovic der Südkoreander Hyeon Chung.