Für eine Show im Legenden-Doppel ist Henri Leconte immer gut. Der unterhaltsame Franzose spricht auch gerne und pointiert über andere Spieler – besonders wenn sie Roger Federer heissen. «Er ist für mich der James Bond», plaudert er los. «Er ist einzigartig, fähig, sein Spiel ständig anzupassen. Er spielt auch Tischtennis, wenns sein muss. Und gegen junge Spieler wie Tsitsipas muss er gewisse Dinge halt wieder ändern. Zwei Sätze zu gewinnen ist einfach für Roger, über fünf Sätze wird es komplizierter. Er wird noch aggressiver spielen müssen und er arbeitet bestimmt schon daran.»
Ob Federer noch den Willen dazu habe, sein Spiel wieder zu ändern? Da kann Leconte nur lachen. «Gestern wurde er von jemanden attackiert, der nichts zu verlieren hatte.» Der Schweizer habe trotz Niederlage einen unglaublichen Job gemacht. «Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel es braucht, um in Rogers Alter noch dieses Niveau zu haben. Niemand realisiert das – ich schon, ich bin 55, sorry 56.»
Der Tennis-Clown freut sich für die Turniere und die Fans in Roland Garros oder Monte Carlo, dass der Abtrünnige wieder auf Sand zurückkehrt. «Aber für Roger wird das auch echt hart. Andererseits könnte ihm das helfen, körperlich noch stärker zu werden. Wenn du auf Sand gut bist, spielst du auf anderen Belägen umso besser.» Fazit Leconte: «Ich sorge mich nie um James Bond. Der findet immer eine Lösung – hat ja die «License to kill».
Auch Mark Philippoussis, gegen den Federer seinen ersten Grand-Slam-Final in Wimbledon gewann, nimmt Zweifler auf die Schippe. Was bedeuten Federers letzte zwei Achtelfinal-Pleiten und das Viertelfinal-Out auf heiligem Rasen? Der 42-jährige Australier: «Das ist ja schrecklich, ganz furchtbar!» Philippoussis findet die Diskussion Quatsch. «Das zeigt höchstens, dass Roger auch nur ein Mensch ist, der auch mal verlieren kann gegen einen der so gut spielt, dass er den Sieg verdient. Das Match gegen Tsitsipas war grossartiges Tennis auf beiden Seiten. Federer hatte seine Chancen, aber ergriff sie nicht.»
Etwas kritischer beurteilt der siebenfache Grand-Slam-Sieger Mats Wilander die Federer-Kurve an Major-Turnieren. «Einige Niederlagen des letzten Jahres scheinen ihm auf das Selbstvertrauen geschlagen zu haben.» Die Bedingungen seien aber für Roger schwierig, zu langsam, der Gegner zu furchtlos gewesen, so der 54-jährige Schwede. «Unter anderen Umständen hätte er wohl beinahe alle Gegner geschlagen.»
Ähnlicher Meinung ist auch Landsmann Thomas Enqvist (44), der dem jungen Schweizer bei den Swiss Indoors in Basel im Jahr 2000 eine bittere Final-Niederlage zugefügt hatte. Er lacht noch heute über Rogers Tränen. «Darüber ist er gut hinweggekommen!»
Und das werde Federer auch nach der Aussie-Open-Niederlage. «Er liebt das Tennis wirklich, deshalb ist sein Alter zweitrangig. Wer würde schon aufhören, wenn er so spielt?» So gut Tsitsipas auch immer war – Roger habe das Match in der Hand gehabt. «Selbst wenn er nicht sein allerbestes Tennis spielt, ist sein Level unglaublich hoch. Ich bin überzeugt, er kann noch Grand Slams gewinnen.»
Enqvist attestiert dem griechischen Aufsteiger das Zeug zum grossen Spieler. Ähnlich wie bei Federer, der Sampras schlug, sei das Talent offensichtlich. Aber es wäre nicht fair, ihn mit seinem Vorbild zu vergleichen. «Niemand wird jemals an Rogers Status herankommen. Er wird für immer die Legende aller Legenden sein.»