Es bleibt dabei: Roger Federer übt sich an den diesjährigen Swiss Indoors in Kurzarbeit. 53 Minuten benötigte er für seinen Startsieg, 63 sind es in der zweiten Runde. Und nach Stan Wawrinkas Forfait im Viertelfinal bekommen die Schweizer Tennis-Fans ihren Liebling auch am Samstag im Halbfinal gegen Stefanos Tsitsipas nur während 79 Minuten zu sehen.
Seinen 15. Basel-Final erreicht Federer im Rekordtempo: 195 Spielminuten über drei Partien verteilt ergibt einen Schnitt von 65 Minuten pro Partie. Der Tennis-Maestro könnte heute seinen Bestwert aus dem Jahr 2010 unterbieten, als er bis zum Turniersieg 358 Minuten auf dem Platz stand (Schnitt 71,6 Minuten).
Federers Basel-Lauf steht bei 24 Siegen
Was sagen diese Zahlen aus? «Dass Stan nicht gespielt hat», antwortet Federer lakonisch. Um dann noch zu präzisieren: «In der Halle braucht es schon eine extra gute Leistung, um mir gefährlich zu werden.» Dennoch habe er anfangs Woche nicht erwartet, am Sonntag im Final zu stehen. «Es ist nicht logisch, dass diese Serie immer so weiter geht. Irgendwann endet jeder Lauf.» Federers Lauf steht bei 24 Basel-Siegen. Es winkt der zehnte Titel an den Swiss Indoors und der 103. auf der ATP-Tour.
Seine Freude über die Kurzarbeit ist dafür das Leid der Fans. Schon am Freitag war die Enttäuschung ob des geplatzten Schweizer-Duells riesig. Und auch am Samstag kommt in der St. Jakobshalle nie die ganz knisternde Atmosphäre auf. Zu dominant ist Federers Auftritt gegen Tsitsipas. Gleich reihenweise schlägt er dem Griechen die Winner um die Ohren. Die Erklärung des Baselbieters für seinen beflügelten Auftritt? «Ich habe das Publikum im Rücken und das hilft mir saumässig.»
Diese Unterstützung wird ihm auch im heutigen Final gewiss sein. Dann betritt selbst Federer an seinem Heimturnier Neuland: Erstmals trifft er auf den Australier Alex de Minaur. Dieser steht in seinem Halbfinal zwar zweieinhalb Stunden auf dem Platz, muss gegen den amerikanischen Aufschlags-Giganten Reilly Opelka aber kaum Ballwechsel spielen.
De Minaur brennt für Davis Cup
Dass er heute die gesamte Halle gegen sich haben wird, dürfte De Minaur kaum stören. Schliesslich brennt der 20-Jährige für den Davis Cup, wo die Sympathien jeweils auch einseitig verteilt sind.
«Als ich aufwuchs, habe ich immer die Australier spielen sehen, vor allem im Davis Cup. Ich erinnere mich daran, dass ich immer ein Teil davon sein wollte. Es gibt nichts Besseres, als Grün und Gold zu repräsentieren», sagt er jüngst dem «Tennis Magazin».
Der Davis Cup ist auch der Grund, weshalb er ein Tattoo mit der Nummer 109 auf der Brust trägt: De Minaur ist nämlich der 109. Spieler in der ruhmreichen Geschichte des australischen Davis-Cup-Teams. Als aktuelle Weltnummer 28 ist er momentan bestklassierter «Aussie», noch vor seinem talentierteren aber rüpelhaften Landsmann Nick Kyrgios (ATP 30).
Die richtige Final-Taktik wird sich De Minaur mit seinem Mentor Lleyton Hewitt (38) zurechtlegen. Hewitt kennt Federer bestens, konnte als Aktiver immerhin neun der 27 Vergleiche gewinnen. «Wir tauschen uns schon die ganze Woche lang aus», sagt De Minaur über den zweifachen Grand-Slam-Sieger Hewitt.
Und wie gut weiss der Federer schon über seinen Finalgegner Bescheid? «Ich glaube, wir haben noch nicht einmal miteinander trainiert. Er ist aber einer der fünf schnellsten Spieler auf der Tour und kann jederzeit heisslaufen.»