Seine Geschichte ist filmreif. Kei Nishikori (25, ATP 5) ist klein, schmächtig, schwächer als alle anderen. Aber der Japaner ist ein unheimlich talentierter Tennis-Spieler. Der frühere Sony-Chef Masaaki Morita erkennt die Fähigkeiten des damals 13-Jährigen und investiert in Nishikori.
2004 zieht Nishikori nach Florida, trainiert in der Akademie von Nick Bollettieri (83), die Stars wie André Angassi oder Maria Scharapowa herausgebracht hat. Eine harte Zeit: Nishikori spricht kein Wort Englisch. Seine Konkurrenten aus aller Herren Länder sind grösser und stärker. Nishikori wird schnell zum Aussenseiter. Ein halbes Jahr lang weint er sich vor lauter Heimweh in den Schlaf.
Doch Nishikoris herausragende Qualitäten sind offensichtlich. Er nimmt die Bälle früh, kann mit der beidhändig geschlagenen Rückhand enorm beschleunigen. Die fehlenden Zentimeter – Nishikori misst nur 1,77 Meter – macht er durch starke Beinarbeit und Kämpferqualitäten wett.
Fähigkeiten, die ihm auch auf der Profi-Tour zum schnellen Durchbruch verhelfen. Als 18-Jähriger gehört er bereits zu den besten 300 Männern der Welt. 2008 gewinnt er als Qualifikant in Delray Beach sein erstes Turnier, bezwingt im Final den damaligen Top-Ten-Spieler James Blake.
Doch so rasant geht der Aufstieg nicht weiter. Sein Körper ist fragil und den Anforderungen des Profi-Sports nicht gewachsen. Noch nicht. Immer wieder wird er von Verletzungen zurückgeworfen. Erst im Sommer 2011 stösst Nishikori erstmals in die Top 50 der Weltrangliste vor. Seither kennt die Karriere nur noch eine Richtung: nach oben.
Im Mai 2014 stösst er erstmals in die Top Ten vor. Es folgt der Final bei den US Open, wo er im Viertelfinal Stan Wawrinka und im Halbfinal Novak Djokovic ausschaltet. Nissin Foods, der Hersteller von Instant-Nudel-Suppen, honoriert diesen Erfolg, indem Nishikoris Konterfei auf der Packung einer Nudelsuppe abgebildet wird.
Nishikori ist bescheiden, demütig, hartnäckig und erfolgreich. Attribute, die ihn für Werbepartner im asiatischen Raum besonders interessant machen. Weltmarken wie Wilson, Adidas, Jaguar und Uniqlo setzen auf ihn. Der Hype um Nishikori ist riesig, zumal der Tennis-Sport mit ihm als Aushängeschild mit Asien einen Milliarden-Markt erschliessen kann.
Auch auf dem Platz erfüllt Nishikori die hohen Erwartungen. Das letzte fehlende Puzzle-Stein zum Erfolg stösst im Januar 2014 zum Team. Es ist der ehemalige Weltranglistenzweite Michael Chang, Amerikaner mit taiwanischen Wurzeln und einst selber ein Spielertyp vom Schlage eines Nishikori. «Sein Potenzial ist riesig und er kann ganz Asien bewegen», schwärmt Chang.
Mit dem French-Open-Sieger von 1989 hat sich auch an der mentalen Einstellung Nishikoris einiges geändert. «Er spielt nun mit dem Wissen, dass er wirklich jeden schlagen kann», sagt Chang. In London kündigte er selbstbewusst an, das Turnier als Debütant gewinnen zu wollen und schaffte es immerhin gleich auf Anhieb in den Halbfinal.
Um dein Einzug in den Halbfinal geht es nun auch bei den Australian Open. Wie schon bei den US Open heisst sein Gegner Stan Wawrinka. «Er ist unglaublich talentiert und hat sich weiter verbessert», zeigt der Titelverteidiger grossen Respekt. Die Verpackung einer Nudelsuppe wird er kaum je zieren. Dafür hat er schon einen Grand-Slam-Titel gewonnen.