Spielen vor Federer macht Thiem und Cilic nervös
Der Laver Cup ist alles andere als eine Show

«Eine Tennisparty» nennt Roger Federer seinen Laver Cup. Spieler und Captains sehen im Kampf der Kontinente durchaus mehr als nur Spass.
Publiziert: 23.09.2017 um 13:39 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 04:10 Uhr
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Für einmal gemeinsam für den Sieg: Rafael Nadal (l.) und Roger Federer.
Foto: Pavel Lebeda/freshfocus
Cécile Klotzbach aus Prag

Es ist ein seltsames Bild: Roger Federer sitzt im Kreise seines Teams auf der Bank. Neben ihm sein Final-Bezwinger in Montreal, Alexander Zverev. Zwei Sitze weiter Australian-Open-Finalgegner Rafael Nadal, Sieger im Zweikampf um die Weltnummer 1. Immer wieder springt der Schweizer vom Sofa auf, ballt die Faust und klatscht. Sein Applaus gilt erst Marin Cilic, seinem Final-Gegner von Wimbledon. Dann Dominic Thiem, der eine 2:1-Siegesbilanz gegen Roger führt. Und nach vierstündiger Daysession schliesslich in der Nightsession noch Zverev und dem Doppel-Duo Nadal/Berdych.

Der Freitag ist ein langer Tag, auch wenn er für Roger spielfrei ist. Die Szenen erinnern an den Davis Cup, dem einzigen Wettkampf, wo jemand wie er hinter einem Tennisplatz sitzt und stundenlang mitfiebert. Nur treibt er da seine Landsmänner und Jugendfreunde an. Hier sind es seine erbittertsten Rivalen auf der Tour. Er gibt ihnen hinter Europa-Captain Björn Borg sogar Spiel-Tipps während dem Match.

Hohe Gagen für die Spieler

Alle haben sich plötzlich unheimlich lieb. Das ist nur einer der Gründe, warum der Laver Cup bei seiner Premiere in Prag um seine Glaubhaftigkeit kämpft. Kritische Stimmen unterstellen, dass die Top-Stars – immerhin sind es fünf aus den Top-10 und neun aus den Top-20 – , die ja nicht selten den überladenen Turnierkalender anprangern, nur wegen hoher Gagen anreisten. Obwohl diese nicht öffentlich sind, spricht die «New York Times» von 250'000 Dollar für jeden im Siegerteam und einer aufs jeweilige Ranking basierenden Antrittsgage für die Verlierer. 

Andere behaupten, der Davis Cup verkomme durch den Laver Cup noch mehr zu einem verstaubten Anlass ohne Aushängeschilder. Turnier-Erfinder Federer argumentiert entschieden dagegen: «Der Laver Cup beansprucht drei Tage, der Davis Cup vier Wochen im Jahr!» Er selbst nutze ihn als guten Form-Aufbau für den Rest der Saison. Dazu sei das Zusammenspiel alter und gegenwärtiger Legenden sowie einiger Newcomer über drei Generationen hinweg inspirierend.

Medienprofis Federer und Nadal

Einige Shootingsstars konnten in der Tat schon vor Turnierstart viel lernen. Zverev, der im Umgang mit den Medien oft zu sensibel und wortkarg ist, und der etwas irre, temperamentvolle Nick Kyrgios staunten nicht schlecht, mit welcher Geduld und Diplomatie die Medien-Profis Federer und Nadal in den Teamkonferenzen Fragen beantworteten. Auch die unangenehmen.

So wand sich der Mallorquiner geschickt und freundlich um ein politisches Statement zum Ausschluss Kataloniens von Spanien. Und auf die Frage, ob der Laver Cup nur ein Exhibition-Turnier sei, antwortete Nadal entschieden: «Dann würde ich niemals morgens um vier Uhr aufwachen und an mein Training denken. Für einen Showkampf trainiere ich gar nicht. Dies hier ist für mich kein Freundschaftsspiel, ich will fürs Land, für unseren Kontinent spielen.»

Auch der Australier Kyrgios meint es offenbar ernst: «Dies ist viel wichtiger und seriöser als beispielsweise der Hopman Cup.» Vorbild sei der Ryder Cup, sagt Weltgruppen-Captain John McEnroe, der als Davis-Cup-Urgestein bekannt für seine Vorliebe fürs Team-Tennis ist. «Es ist ein First-Class-Anlass! Mit Federer als Zugpferd hat der Laver Cup gute Chancen an den wichtigen, prestigeträchtigen Golf-Event heranzukommen.»

Nicht nur Roger, auch die anderen Stars in der ausverkauften Prager O2-Arena tun wahrlich ihr Bestes für die Glaubwürdigkeit des neuen Events. Auf dem Court kämpfen sie echt und hart, zeigen hochklassiges Tennis. Cilic und Thiem sagen sogar, sie seien vor ihren Matches nervöser als auf der Tour, weil sie vor und für die besten Spieler der Welt spielen müssten. Natürlich, es ist nur schwer festzustellen, ob sie körperlich an ihre Grenzen gehen. Aber es gibt keine Showeinlagen, keine Geschenke, dafür viele emotionale Gesten der Freude und des Frusts.

Der Ehrgeiz und der Nationalstolz beider Mannschaften, die aus Schutz vor «feindlicher Spionage» sogar in zwei verschiedenen Prager Hotels untergebracht sind, scheint echt. Die Begeisterung der rund 17'000 Fans in der Halle ist es sowieso. Nach dem ersten Tag steht es 3:1 für Europa. Und 1:0 für Federers Laver Cup. 

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