So nahe dran am historischen 100. Turniersieg wie heute ist Roger Federer (37) noch nie gewesen. Dreimal nimmt der Maestro seit Nummer 99 in Basel im letzten Oktober vergeblich einen Anlauf. Beim Masters-Turnier in Paris und bei den ATP Finals in London ist im Halbfinal Schluss, an den Australian Open im Januar schon im Achtelfinal.
Jetzt bietet sich ihm in Dubai im Final heute (16 Uhr, SRF zwei live) gegen den jungen Griechen Stefanos Tsitsipas die Chance, endlich die 100er-Marke zu schaffen. Auch für Federer wäre der Meilenstein eine Erlösung. Denn bei jedem Turnier ist es das grosse Gesprächsthema. «Das Wichtigste wird sein, nicht daran zu denken. Ich muss mich ganz auf das Match und mein eigenes Tennis konzentrieren.»
Mit dem 100. Titel würde sich Federer in einen exklusiven Kreis spielen. Bisher hat nur Jimmy Connors (66) dies geschafft. Die US-Legende hält den Rekord mit 109 Titeln. Welch grossartige Leistung Federer in seiner über 20-jährigen Karriere zeigte, würdigt er mit einem klassischen Understatement gleich selbst: «Es wäre ein Beweis, dass ich mich einigermassen gut angestrengt habe in den vielen Jahren auf der Tour.»
Das ist weit untertrieben! Seit seinem ersten Titel in Mailand im Februar 2001 sind mehr als 18 Jahre vergangen. Damit würde er sich heute auch Connors’ Rekord von 17 Jahren Unterschied (1972-1989) zwischen der Premiere und dem letzten Titel schnappen. Die Konstanz Federers ist beeindruckend. Ausser im Seuchenjahr 2016, als er die Saison nach Wimbledon im Juli verletzt abbrechen musste, gewann er seit 2001 jedes Jahr mindestens ein Turnier.
Chance lieber jetzt packen
Ein Spaziergang wird es heute auf alle Fälle aber nicht. Während der ganzen Woche kämpft Federer mit Tücken. Obwohl er in Dubai schon sieben Mal triumphierte und sich an seinem Zweitwohnsitz besonders wohlfühlt. Der langsame Belag und der Wind machen ihm zu schaffen, zweimal muss er über drei Sätze gehen. Erst gegen Borna Coric (Kro) siegt er deutlich 6:2, 6:2. Federer: «Ich bin zufrieden, wie ich mich Match um Match gesteigert habe. Auch wie ich meine Nerven behielt, wenn es hart auf hart ging.»
Klar ist, dass Federer die Chance zum 100. Titel zwingend packen sollte. Mit Blick auf seinen weiteren Turnierplan. Bei den geplanten Teilnahmen nach Dubai wird die Konkurrenz bedeutend härter und er nicht der ganz grosse Favorit sein. Im März folgen hintereinander Indian Wells und Miami, wo Djokovic, Nadal oder Zverev dabei sein werden. Dann kehrt Federer im Mai auf Sand zurück, wo ein Titelgewinn unwahrscheinlich ist. Bessere Chancen böten sich ihm erst Mitte Juni auf Rasen.
Als Letzter kann ihm nur noch Tsitsipas die 100er-Party versauen. Der 20-Jährige ist der einzige Spieler, der Federer in diesem Jahr schlagen konnte. An den Australian Open. Aufgepasst, Roger! Tsitsipas ist super drauf und holte zuletzt den Turniersieg in Marseille. Federer: «Es ist eine Revanche für mich. Eine enorme Prüfung, da bin ich mir sicher. Aber ich freue mich wirklich. Es wird hoffentlich ein Fest für die Fans.»