Zur Fernseh-Stunde um 18 Uhr freute sich die Tennis-Schweiz auf Belinda Bencics ersten Einsatz am Schweizer WTA-Turnier, das die 22-jährige Weltnummer 20 an 1 gesetzt anführt. Doch die Freude verfliegt schon nach dem ersten Satz. In diesem führt Belinda gegen die deutsche Qualifikantin Antonia Lottner (WTA 182) mit 4:2. Dann kehrt das Blatt und es fällt das 5:7.
Das Wetter kühlt ab, der Wind nimmt zu, die Bälle werden auf dem Sandplatz zunehmend schwerer – nicht ideal für Belinda, die erst am Sonntag aus den USA anreiste und kaum Zeit hatte, sich auf die hiesigen Bedingungen einzustellen. Nicht einmal ihre bekannten Kämpfer-Qualitäten können sie noch aus der Bedrängnis helfen. Schnell liegt Bencic auch im zweiten Satz 0:3, später 1:5 zurück. Obwohl Lottner dann das Händchen schlottert – sie begeht im letzten Aufschlagspiel vier Doppelfehler! – verliert der Schweizer Heimstar nach knapp eineinhalb Stunden mit 2:6.
Keine Ausreden von Belinda
Aber Belinda sucht absolut keine Ausreden, gönnt ihrer Gegnerin – «eine meiner besten Freundinnen auf der Tour» den Sieg. Allgemein habe ihr Spiel auf Sand nicht die gleiche Wirkung und sie müsse es taktisch überdenken. «Ich fühlte mich gut, die abendliche Ansetzung kam mir entgegen, der Sand war schön trocken und ich habe auch nicht schlecht gespielt. Aber Antonia war einfach unglaublich stark – ich fand kein Rezept gegen sie.»
Weil sie alles gegeben habe, könne sie nicht sehr hässig auf sich sein, die Enttäuschung sei aber trotzdem gross. «Ich hätte wirklich so gern noch länger hier in Lugano gespielt», beteuert sie. «Es tut mir unheimlich leid fürs Turnier und die Heimfans. Zum Glück spiele ich noch Doppel!»
Mit dem frühen Bencic-Aus endet ein Tag, der zwischenzeitlich äusserst erfolgversprechend ausgesehen hat, ernüchternd. Einen schönen Start machte Ylena In-Albon (WTA 183), die dank einer Wildcard an ihrem Heimturnier – die 20-jährige Walliserin lebt und trainiert seit rund fünf Jahren in Lugano – zu ihrem ersten Match in einem WTA-Hauptfeld kommt. Leider verliert sie es, mit dem 4:6, 5:7 gegen die erfahrene Tschechin Kristyna Pliskova (WTA 101) darf Ylena aber durchaus zufrieden sein. «Ich war zu Beginn extrem nervös, auf eine so gute Spielerin traf ich noch nie», sagt sie. Sie werde ihre Lehren daraus ziehen und diese tolle Erfahrung mitnehmen.
«Eine grosse Ehre»
Zum Beispiel nach San San Antonio, Texas. Dort nämlich darf In-Albon nächste Woche ihre erste Erfahrung im Fed Cup machen. «Darüber freue ich mich mega», sagt sie. «Eine grössere Ehre, als fürs zu Land spielen, gibts wohl nicht.» Nach den Absagen von Bencic, Stefi Vögele und Jil Teichmann, welche die lange Reise zurück auf US-Hartplätze nicht mehr auf sich nehmen wollen, hat Captain Heinz Günthardt für die Aufstiegs-Playoffs ein neues Team zusammengesetzt: Neben In-Albon kommt auch Conny Perrin zu ihrem Fed-Cup-Debüt, den Lead in den Einzeln übernehmen Viktorija Golubic (WTA 81) und Timea Bacsinszky (WTA 109).
Letztere hat sich trotz verständlicher Bedenken wegen der langen Reise für den Team-Wettbewerb entschieden. «Ich überlegte sogar, ob ich statt Lugano in Bogota spielen sollte. Aber die Lust in der Schweiz zu spielen, war doch grösser», so die 29-jährige Lausannerin. Ihre Spiellust lebt sie dann auch voll in ihrem Auftaktmatch bei den Samsung Open gegen Tamara Korpatsch aus. 6:0, 6:2 fegt Timea die Deutsche, die das einzige bisherige Duell letztes Jahr auf Sand gewann, weg – bei der ersten Probe auf ihrem Lieblingsbelag Sand macht sie wahrlich nicht viel falsch.
Schweizer Duell am Mittwoch
Auch bei der zweiten? Morgen, Mittwoch, trifft Bacsinszky auf die 33-jährige, zweifache Grand-Slam-Siegerin Swetlana Kusnetsowa (WTA 109). Davor wird es zu einem rein schweizerischen Zweirunden-Duell zwischen Golubic und Stefanie Vögele (WTA 97) kommen. Obwohl soeben erst aus Mexico angereist und noch voll im Kampf mit dem Jetlag, findet auch die Vorjahres-Halbfinalistin von Lugano sofort wieder den Tritt: Steffi besiegt die an 5 gesetzte Pauline Parmentier (Fr, WTA 53) 6:2, 6:4. «Ich spiele viel lieber und besser auf Sand als früher – vielleicht liegts am Alter», sagt die 29-jährige Aargauerin lachend, «dafür, dass ich nur so wenig Vorbereitungszeit hatte, war das gar nicht schlecht.»