Sascha Zerev glaubt an US-Open-Sieg
Deutsche Rakete mit Goldkettchen

Ihm gehört die Tennis-Zukunft. Der erst 20-jährige Deutsche Sascha Zverev steht vor dem ganz grossen Durchbruch. Die erste Hürde an den US Open hat der Youngster bereits hinter sich.
Publiziert: 29.08.2017 um 09:04 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:51 Uhr
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Bringt Farbe ins Spiel: Sascha Zverev (20) führt zusammen mit dem Australier Nick Kyrgios die neue Generation der Jungen im Welttennis an.
Foto: imago sportfotodienst
Patrick Mäder

Man schaut fasziniert und erstaunt zu, wie schnell dieser Schlaks immer besser wird. Wie er den Aufschlag mit über 220 Stundenkilometern ins Feld des ­Gegners pfeffert. Wie er mit der doppelhändigen Rückhand das Spiel macht, um dann mit der Vorhandpeitsche den Punkt zu gewinnen.

Sascha Zverev reckt die Faust und in dieser Pose erinnert er an ein anderes Tennis-Wunderkind. Boris Becker gewann 1985 als 17-Jähriger Wimbeldon. Es folgte eine grandiose Karriere.

Zverev, ein neuer Becker? Nein! Mit dieser These begibt man sich aufs Glatteis. Mit ­Becker verglichen zu werden, das mag der 20-Jährige gar nicht. Diesem Erwartungsdruck will er sich nicht aussetzen. Die Nation lechzt nach einem neuen «Bobele», wird aber nie mehr ­einen bekommen.

Diese Zeiten kommen nicht wieder. Damals, als eine ganze Nation gebannt vor dem Fern­seher sass, es kaum ein grösseres sportliches Thema gab, jede Bewegung, ­jedes Wort, jeder Schritt registriert wurde. Die Nation jubelte und litt mit dem Rotschopf aus Leimen. Er löste in Deutschland einen Tennis-Boom sonder­gleichen aus und wurde zum weltweiten Popstar – mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Bis heute sorgt Becker für Schlagzeilen.

Bereits Weltnummer 6

Kein Becker, trotzdem grandios: Wie eine Rakete mit Goldkettchen rast Zverev unaufhaltsam in die Weltspitze. 5 Turniersiege in diesem Jahr, 46 von 60 Spielen gewonnen, dabei Wawrinka in Miami und Federer in Montreal besiegt. In seiner Karriere hat er bis jetzt 5,5 Millionen Dollar an Preisgeld verdient, ist bereits die Nummer 6 der Welt und an den US Open als 4 gesetzt und heisser Mitfavorit.

Michail Alexandrowitsch Swerew, genannt Sascha, ­wurde das Tennis in die Wiege gelegt. Vater Alexander spielte 26-mal für die Sowjetunion. Mutter ­Irina belegte einst Rang 22 der Weltrangliste. Bruder Micha, zehn Jahre älter als Sascha, ist aktuell die Nummer 27.

Unter Aufsicht und Kontrolle des Vaters ist der 1,98-m-Riese programmiert für eine grosse Karriere. Schritt für Schritt in einem professionellen Umfeld mit Manager («Wir wollen den bestmöglichen Athleten kreieren»), Fitnesscoach, mehreren Spezialtrainern – möglichst ­abgeschottet von störenden Faktoren. Nichts wird dem Zufall überlassen. Der durchgeplante Aufstieg.

Ehrgeiz, Fleiss, Leidenschaft

Zverev bringt diesen Plan selber durcheinander, weil er viel zu schnell aufsteigt. Er steht jetzt schon vor dem ganz grossen Durchbruch – geplant waren 2017 die Top-30. Anfang Jahr stand er bereits auf Rang 24, jetzt auf 6.

Zverev, der Trainingsfleissige, der Ehrgeizige, der nichts mehr hasst, als verlieren zu müssen.

Es ist schwierig, ­jemanden zu finden, der dem Deutschen nicht zutraut, bald die Weltnummer 1 zu werden. Doch zum ganz grossen Durchbruch braucht er den Erfolg an einem Grand-Slam-­Turnier und vorallem Konstanz, die ihm noch abgeht. ­Roger Federer, ­guter Freund und häufiger Trainings­partner von Sascha, sagt: «Nummer 1 wird man nicht über Nacht, die erkämpft man sich.»

Zverev, so gebügelt er neben dem Platz wirkt, so leidenschaftlich und selbstbewusst ist er auf dem Platz. In New York sagte er am Samstag vor dem Turnierstart: «Ich habe zum ersten Mal bei einem Grand Slam das Gefühl, einer der Spieler zu sein, die das Turnier gewinnen oder weit kommen können.»

Das traut ihm auch Top-Favorit Federer zu: «Es wird schwer, ihn zu schlagen, es ist alles möglich. Wenn er so spielt wie bisher in diesem Jahr, dann kann es für ihn sehr weit gehen.»

Das erste Schrittchen hat der Deutsche gemacht. In der ersten Runde besiegte Zverev Qualifikant Darian King aus Barbados 7:6, 7:5, 6:4.

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