«Das ist jedesmal, wie in ein Klassenlager einzuziehen»
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Federer über den Laver Cup:«Das ist jedesmal, wie in ein Klassenlager einzuziehen»

Roger Federer im Interview vor dem Laver Cup in Genf
«Meine Rekord-Momente kann mir niemand nehmen»

Roger Federer freut sich riesig auf «seinen» Laver Cup in Genf. Das Team-Feeling sei ein wenig wie im Klassenlager, dass er in der Jugend so oft verpasst hat.
Publiziert: 17.09.2019 um 01:12 Uhr
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Aktualisiert: 19.09.2019 um 09:34 Uhr
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Roger Federer freut sich riesig auf «seinen» Laver Cup in Genf.
Foto: Sven Thomann
Aufgezeichnet: Cécile Klotzbach

Sind Sie vor dieser Laver-Cup-Woche aufgeregter als Spieler oder als Organisator?
Roger Federer: In meiner letzten Ferienwoche habe ich am meisten über die bevorstehenden Doppel nachgedacht. Welche Paarungen sollten wir machen? Wer spielt am besten am Freitag, wer am Samstag? Bei der dritten Ausgabe des Laver Cup habe ich nun schon Erfahrung. Anfangs fragte ich mich, wann und ob die Fans kommen. Aber Prag und Chicago haben mir gezeigt: Solange die Spieler alles geben, ist die Atomsphäre lässig und die Fans bleiben.

Die Ausgabe in der Schweiz dürfte Ihnen besonders am Herzen liegen.
Natürlich, aber ich bin sicher, dass es ein gutes Wochenende wird. Ich sah, wie schnell die Billetts ausverkauft waren, und weiss vom Davis Cup, dass die Palexpo als Austragungsort funktioniert. Mich beschäftigt derzeit mehr, wann die Spieler ankommen, wann wir trainieren und wo wir abends essen gehen. Das ganze Team-Building halt.

Sind die Spieler schon in Genf eingetroffen?
Etwa die Hälfte kam am Montag, die andere Hälfte am Dienstag.

Erinnert es ein wenig an eine Zusammenkunft fürs Klassenlager?
Da war ich nur ein Mal! Ich wollte unbedingt mal in ein Skilager, dafür musste ich dann die Junioren-Schweizermeisterschaft in Luzern auslassen. Es ist tatsächlich etwas Klassenlager-Feeling. Aber der Kreis ist viel internationaler, die Spieler sind sehr beschäftigt, fliegen aus ihren Ländern ein. Früher war ich nervös, ob alle kommen. Aber unser Chat ist schon jetzt voll im Gang, die allseitige Freude ist spürbar.

Haben Sie im Team einen neuen WhatsApp-Chat oder wird der letzte – mit Novak Djokovic – weitergeführt?
(lacht) Da wolltet Ihr bestimmt gerne mal reinhören, oder? Aber der Chat ist meist seriös, nur wenn es um gewisse Themen geht, fällt auch mal einen Witz. Die Chat-Gruppe von letztem Jahr gibt es zwar noch und ich finde eigentlich, dass jeder, der mitgemacht hat, dazu gehört und wir uns zwischendurch auch mal auf frühere Jahre beziehen könnten. Aber in Realität ist der alte Chat etwas verstummt und ein neuer ist aktiviert.

Treffen Sie sich abends an der ­Hotelbar?
Ab und zu gehen wir noch was trinken. Wir sind alle im gleichen Hotel. Es gibt Abende, da gehen wir gemeinsam essen und dürfen jemanden mitbringen. Ich versuche aber, mein Team klein zu halten, und möchte das vorleben. Es ist toll, mit Stefanos, Sascha, Dominic und Rafa am Tisch zu sitzen und über andere Dinge zu reden als Tennis.

Wie erleben Sie «Bad Boy» Nick Kyrgios?
Team World wohnt ja woanders, aber wir haben auch mit ihnen eine gute Kameradschaft, eine gesunde Rivalität. Ich habe Nick als guten Teamplayer erlebt und bin froh, ist er dabei – obschon er ab und zu kontrovers ist. Er und Jack Sock fallen auf, weil sie auf der Bank so extrem laut sind. Damit nerven sie besonders Zverev jeden Tag mehr.

Waren Sie schon in der Halle?
Noch nicht, ich kam erst Sonntagnachmittag an. Aber ich hörte schon von Sponsor Mercedes, dass es die beste Halle sei, die sie je gesehen hätten. Das hat mich überrascht. Die gewaltige Chicago Bulls Arena kann man eigentlich nicht toppen. Aber es hat eben auch seinen Charme, wenn du in einer Halle genau das bauen kannst, was du willst. Sie glauben, dass Genf die beste Edition des Laver Cup sein wird. Es wird jedenfalls riesig sein, Tony Godsick und seine Leute haben weder Aufwand noch Kosten gescheut. Deshalb erwarte ich nur das Beste – für Spieler, Sponsoren und Fans, für die es eine gigantische Fan-Zone gibt, um die coole Atmosphäre zu erleben.

Europa sechster Mann ist besser klassiert als der Beste der Gegner. Stimmt das Gleichgewicht?
Solange Europa stark ist, muss auch der Anspruch da sein, zu gewinnen. Irgendwann dreht sich das Blatt. Aber da Team Welt besser im Doppel ist und grosse Aufschläger hat, wird es bestimmt wieder knapp, wie in Prag und Chicago.

Haben Sie schon etwas über Ihre Gegner gelernt, das Sie noch nicht wussten?
Bisher ging ich nicht in diese Woche rein, um zu nehmen, eher um zu geben. Es ist für mich aber spannend, eine Woche mit Nadal und Djokovic zu sein. An Novak beeindruckt mich am meisten seine Klarheit, wie er einen Match gewinnen will. Der ganze Ablauf muss exakt stimmen, inklusive was und wann er essen muss. Er weiss, wie er auf den Moment genau bereit sein kann. Das nenne ich Professionalität! Aber Novak hat auch seine entspannte, lustige und seine seriöse Seite – da sind wir uns alle sehr ähnlich.

Und Nadal?
Rafas Intensität ist unglaublich. Er sucht immer wieder nach Möglichkeiten – das ist mir am meisten geblieben. Er braucht dafür genügend Trainingseinheiten, meistens eine Stunde mehr als die anderen. Trotzdem schafft er es, neben dem Platz zu entspannen und nach dem Training ein lockerer Typ zu sein. Dazu ist Rafa ein unglaublicher Teamplayer.

Mit 19 Grand-Slam-Titeln sitzt er Ihnen im Nacken. Besteht nun eine gewisse Spannung?
Jeder merkt wohl, dass wir super auskommen, uns enorm respektieren und uns sogar für einander freuen. Logisch, würdest du gerne einen Rekord für immer und ewig behalten, aber das ist nicht realistisch. Vielleicht sehe ich das fast entspannter, als der Rest der Schweiz. Ich kann nur kontrollieren, was ich beeinflussen kann. Ich habe mich damals riesig gefreut, als ich den Sampras-Rekord egalisieren und brechen konnte. Diese Momente kann mir niemand nehmen. Alles weitere war ein Bonus und es war nie mein Ziel, ab da nur noch vor den anderen weg zu rennen. Wenn Nadal und Djokovic mich einholen, dann ist das kein Problem. Ich freue mich für jeden, der das Beste aus sich herausholt.

Das gelingt allen Dreien recht lange...
Es ist eine unglaubliche Leistung von Rafa, diese Saison zwei Grand-Slam-Turniere zu gewinnen. Er hatte es in den letzten Jahren nicht einfach mit seinen Verletzungen. Er musste etwas ändern und das ist ihm gelungen. Im Alter lange zu spielen, ist auch für mich eine tiefe Befriedigung. Wir versuchen alle, fit und gesund bleiben, müssen die Grand-Slam-Siege nehmen, solange wir können. Denn die Jungen kommen und drücken.

Was für andere Charaktere haben Sie im Team ?
Dominic Thiem sagt zu allem Ja. Er ist bekannt dafür völlig entspannt zu sein, auch im Umgang mit den Medien, so wie auch Fabio Fognini. Zverev ist immer noch jung und lernt, aber eigentlich ist er auch recht offen. Stefanos Tsitsipas kenne ich nicht sehr gut, darum bin ich gespannt, wie die Woche sein wird.

Hat sich Ihr Rücken seit dem US Open entspannt? Sind Sie fit genug?
Ich spüre ihn noch ein wenig – eher im Alltag als im Training. Aber ich werde jeden Match spielen können, den es mich braucht und kann wieder Vollgas geben, da mache ich mir absolut keine Sorgen. Aber ich war doch überrascht, wie lange ich den Rücken gespürt habe, es waren doch zehn, zwölf Tage. Ich glaube, das ist wohl einfach das Alter!

Mit diesem Anlass ehren Sie Rod Laver? Hätte der heute wohl eine ähnliche Karriere hingelegt?
Ich sage immer: Die grossen Champions hätten ihr Spiel an jede Generation angepasst. Vielleicht wäre Rafa mit einem Holzschläger nicht ganz so gut gewesen. Aber er würde dann auch nicht seine Lasso-Vorhand spielen, sondern hätte eine flachere, normalere Vorhand gelernt. Das Gleiche gilt für Rod Laver, der hätte mit dem heutigen Material auch den Topspin gelern. Die Besten haben das Auge und das Gespür dafür. Was mir bei der früheren Generation gefallen hat: Man ging immer wieder ans Netz, es gab Volleys, Smashes und die Ballwechsel gingen trotzdem weiter, weil die Power noch nicht so entscheidend war. Jetzt prügeln alle unglaublich drauf – im Training fast noch mehr als im Match, das ist die neue Devise.

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