Novak Djokovic (37) polarisiert. Nicht nur wegen seiner Erfolge, sondern auch wegen seines Verhaltens. Immer wieder legt er sich mit dem Publikum an. So wie zuletzt im Achtelfinal von Wimbledon. Das ist nicht die erste und wohl auch nicht die letzte Provokation seiner Karriere. Hier gibts eine Auswahl seiner Dispute mit den Zuschauern.
US Open 2008
2008 zieht Djokovic in den Halbfinal der US Open ein. Und das ausgerechnet mit einem Sieg gegen Lokalmatador Andy Roddick. Als er im Platz-Interview gefragt wird, wie es sich anfühle, zum zweiten Mal unter den letzten Vier zu stehen, geht er nicht auf diese Frage ein. Stattdessen stichelt er gegen Roddick. «Andy hat ja gesagt, ich hätte 16 Verletzungen – das stimmt offenbar nicht, oder?», so Djokovic. «Ich bin froh, dass ich hier gewonnen habe – in seiner Stadt, mit seinen Fans!» Auf die Nachfrage, wieso er die Zuschauer so provoziere, schüttelt der Serbe nur den Kopf. Und fügt an: «Die sind doch sowieso schon alle gegen mich. Die glauben doch, dass ich täusche und simuliere. Das geht schon in Ordnung.» Die Folge: laute Buh-Rufe aus dem Publikum. Und als der Interviewer am Ende um einen Applaus für den Sieger bittet, gibts ein gellendes Pfeifkonzert.
Madrid 2013
Im Startspiel gegen Grigor Dimitrov läufts Djokovic nicht nach Wunsch. Und das nicht nur spielerisch (Dreisatz-Niederlage). Er muss gepflegt werden und lässt anschliessend die Ballabdrücke immer wieder vom Schiedsrichter überprüfen. Mätzchen, die dem Publikum missfallen – und dazu führen, dass es seinen Gegner frenetisch unterstützt. Zu viel für Djokovic. Obwohl er den zweiten Satz gewinnen kann, sagt er auf Serbisch Richtung Publikum: «Lutscht meinen Schwanz.» Warum die Zuschauer sich gegen ihn verschworen haben, weiss er nicht. «Ich mache nichts, das man nicht dürfte.»
US Open 2019
Im Achtelfinal trifft Djokovic auf Stan Wawrinka. Schon zu Beginn des Turniers klagt er über Beschwerden in der Schulter. Diese zwingen ihn im Duell mit dem Schweizer im dritten Satz zur Aufgabe. Als er den Court verlässt, wird er vom Publikum ausgebuht – und reagiert darauf sarkastisch mit einem nach oben gestreckten Daumen. «Die Schmerzen waren nun seit Wochen konstant. An einigen Tage stärker, an einigen Tagen mit geringerer Intensität», erklärt er anschliessend auf der PK. «Natürlich versuchte ich mit Mitteln, die Schmerzen sofort zu lindern. Manchmal funktioniert es, manchmal nicht.»
US Open 2021
Immer wieder kommts an den US Open zum Disput mit den Zuschauern. So auch 2021. In der ersten Runde trifft Djokovic auf Holger Rune. Der Däne wird dabei vom Publikum lautstark angefeuert. Dabei ist nicht eindeutig, ob es ein langgezogenes «Ruuune» ist, oder ein Ausbuhen von Djokovic. Der Serbe denkt zumindest, es geht gegen ihn und meint: «Keine ideale Atmosphäre für mich, aber ich habe gelernt, damit umzugehen.» Er gewinnt in vier Sätzen.
Und kommt auch in der zweiten Runde gegen den Holländer Tallon Griekspoor nicht ohne Nebengeräusche durch. Nach einem verschlagenen Smash im zweiten Satz starrt Djokovic auf die Tribüne. Zu Beginn des dritten Satzes der gleiche böse Blick in dieselbe Richtung. Dann hat der Serbe genug, beschwert sich beim Schiedsrichter über einen Zwischenrufer, der ihn «bei jedem einzelnen Punkt» stören würde. Auch nach der Partie ist Djokovic noch immer verärgert. «Genau vor dem wichtigen Smash begann er zu schreien. Er hat es auch vorher schon gemacht.» Für den Serben sind das unschöne Dinge. Denn: «Wenn es jemand auf deiner Seite des Platzes immer wieder absichtlich macht, ist meine Toleranzgrenze irgendwann überschritten.»
French Open 2022
Mit einem lockeren Dreisatz-Sieg gegen den Japaner Yoshihito Nishioka startet Djokovic in die French Open. Den Erfolg gibts allerdings nicht ohne Nebengeräusche. Zu Beginn des zweiten Durchgangs ist er auf bestem Weg, ein frühes Break zu bestätigen und feiert einen gewonnenen Punkt frenetisch. Ein lauter Schrei des Serben hallt über den Court Philippe-Chatrier. Diese Emotionalität passt nicht allen Zuschauern, es gibt vereinzelte Buh-Rufe. Djokovics Reaktion? Beim nächsten Punkt jubelt er noch lauter und frenetischer. Und kassiert weitere Pfiffe und Buh-Rufe.
Australian Open 2023
Eine Gruppe Fans ärgert Djokovic in der zweiten Runde von Melbourne. Als er im vierten Satz gegen den Franzosen Enzo Couacaud 2:0 führt, platzt ihm der Kragen. Wutentbrannt geht er zum Schiedsrichter und zeigt auf sie. «Die sind total besoffen, die provozieren mich von Beginn weg. Die wollen kein Tennis schauen, die wollen nur in meinen Kopf.» Djokovic verlangt, dass sie rausgeworfen werden. Mit Erfolg. Wenig später wird die Gruppe aus dem Stadion begleitet und der Serbe kann den Viersatz-Sieg in Ruhe nach Hause bringen.
Wimbledon 2023
Auch auf dem Weg in seinen neunten Wimbledon-Final legt sich Djokovic mit den Fans an. Beim Dreisatz-Sieg gegen Jannik Sinner im Halbfinal kassiert er erst eine Strafe, weil er seinen Gegner mit zu lautem Stöhnen gestört haben soll. Dann hat er das Publikum im dritten Satz gegen sich. Dessen Reaktion passt Djokovic gar nicht, als er einen ersten Aufschlag versemmelt. In der Vorbereitung auf den zweiten hebt er erst sarkastisch den Daumen und wartet, bis sich die Lage beruhigt hat. Und wehrt anschliessend beide Satzbälle gegen sich ab. Nach dem Punkt zum 5:5 kann sich Djokovic eine «Heult doch»-Geste in Richtung Publikum nicht verkneifen.
Masters Paris 2023
Wieder gibt ein Duell mit Griekspoor zu reden. Im dritten Satz unterläuft Djokovic ein Doppelfehler, er kassiert das Rebreak zum 4:4. In der Folge fordert er die Zuschauer über eine Minute dazu auf, zu johlen und zu buhen. Das stachelt ihn derart an, dass er anschliessend acht Punkte in Serie gewinnt und so die Partie für sich entscheidet.
Davis Cup 2023
Djokovic bezwingt den Briten Cameron Norrie in zwei Sätzen und sorgt dafür, dass Serbien in den Halbfinal einzieht. Während der Partie kommt es immer wieder zu Zwischenrufen aus dem Publikum. Nach dem Startsatz hält Djokovic provokant das Ohr Richtung britischer Fans und wirft ihnen Küsse zu. Erst beim Sieger-Interview platzt ihm der Kragen, weil die Fans just in dem Moment anfangen zu trommeln. «Haltet die Klappe und geht nach Hause», ruft er in ihre Richtung. Und fügt an: «Sie sollten lernen, die Spieler mit Respekt zu behandeln. Lernt, euch zu benehmen!»
Australian Open 2024
In der zweiten Runde trifft Djokovic auf den Einheimischen Alexei Popyrin. Im Tiebreak des dritten Satzes liegen bei ihm zwischenzeitlich die Nerven blank. Nach zahlreichen Zwischenrufen aus dem Publikum geht der Serbe auf einen der Fans zu, gibt ihm per Handzeichen zu verstehen, er solle zu ihm kommen und die vermutlich nicht besonders freundlichen Zurufe wiederholen. «Sags mir ins Gesicht», ruft er mehrfach. Als Folge buhen ihn die Zuschauer lautstark aus. Am Ende gewinnt Djokovic in vier Sätzen.
Auch im Viertelfinal gegen den Amerikaner Taylor Fritz kommt es zu Zwischenfällen. Erst schreit Djokovic seine Box an und wird von seinem damaligen Trainer Goran Ivanisevic zurechtgewiesen. Dann will der Serbe, dass ein schreiendes Baby, das ihn stört, aus dem Stadion gebracht wird. Letztlich setzt er sich in vier Sätzen durch.
Wimbledon 2024
Trotz Dreisatz-Sieg im Achtelfinal gegen Rune kann sich Djokovic einen Seitenhieb gegen das Publikum nicht verkneifen. Im Platz-Interview sagt er: «An alle, die sich dazu entschieden haben, die Spieler, in diesem Fall mich, nicht zu respektieren: Habt eine guuuuuuute Nacht!» Damit spielt er auf einige Fans an, die ihn ausgebuht haben sollen. Dass sie möglicherweise «Ruuuuune» gerufen haben – was auch der Schiedsrichter Djokovic zu erklären versucht – lässt er nicht gelten. «Ich weiss, dass sie für Rune waren, aber das ist eine Ausrede, um auch zu buhen. Ich bin seit 20 Jahren auf der Tour. Ich kenne alle Tricks.»