Petra Kvitova über die Folgen der Messer-Attacke
«Manchmal muss ich noch weinen»

Petra Kvitova (28) reist mit dem Turniersieg in Sydney im Gepäck an die Australian Open. Nach dem Überfall das Comeback geschafft zu haben, macht die Tschechin stolz.
Publiziert: 13.01.2019 um 19:54 Uhr
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Aktualisiert: 14.01.2019 um 16:36 Uhr
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23. Dezember 2016: Petra Kvitova tritt nach der Messer-Attacke mit einbandagierter Hand vor die Presse.
Foto: AP
Mathias Germann

BLICK: Petra Kvitova, wie geht es Ihrer Hand?
Petra Kvitova: Ich habe keine Schmerzen. Die Beweglichkeit von früher habe ich aber nicht mehr. Ich werde sie nie mehr ­erlangen.

Wie fühlen sich Ihre Finger an?
In zwei Fingern habe ich nicht mehr das Gefühl, das ich einmal hatte.

Und dennoch ist Ihnen das Comeback geglückt.
Ich habe mich nach meiner ­Verletzung an der Uni Prag ein­geschrieben und fing an, zu 
studieren. Um etwas anderes zu haben, falls ich das Tennis hätte aufgeben müssen. Als ­Sicherheit. Aber natürlich bin ich froh, dass es mit dem Sport wieder geklappt hat.

Sie schafften es bis auf Platz 4 in der Weltrang­liste. Jetzt sind Sie Nummer 7. Hätten Sie sich so was erträumen können?
Ich wollte einfach auf die Tour ­zurückkehren – aber nicht irgendwie! Ich musste mich wieder mit den Besten messen. Wenn ich um Rang 100 herumgedümpelt wäre, wäre ich zurückgetreten.

Sie haben 2011 und 2014 ­Wimbledon gewonnen. War Ihr Comeback trotzdem der grösste Sieg Ihrer Karriere?
Ich denke schon.

Die Uhrenmarke Tag Heuer ist einer Ihrer Sponsoren. Deren Motto lautet «Don’t Crack Under Pressure». Ist es überhaupt noch ein Thema, am Druck zu zerbrechen?
Ich finde das Motto toll. Denn genau darum geht es – egal, was neben dem Platz passiert. Ich spüre also den gleichen Druck wie früher, gute Resultate zu erzielen. Ich kämpfe gegen ihn an – das belastet mich zuweilen.

War das immer so?
Als ich noch jung war und gegen die Besten spielte, nicht. Da ­fühlte ich mich frei.

Wann drehte es?
Nach meinem Wimbledon-Sieg 2011. Das war etwas Riesiges, und ich konnte mit dem Druck, der ­danach auf meinen Schultern ­lastete, nicht umgehen. Andere Spielerinnen erleben Ähnliches.

Tauschen Sie sich nicht mit ­ihnen aus?
Das ist ein Tabuthema. Man kann nicht zu einer Spielerin hingehen und sagen, dass man innerlich weint (schmunzelt).

Weil man etwas offenbaren würde, das viele als Schwäche ansehen?
Genau. Mit zurückgetretenen Spielerinnen ist es dagegen ­möglich.

2016 wurden Sie brutal über­fallen. Ist es in Ordnung, ­noch weiter darüber zu reden?
Sicher. Manchmal brauche ich das sogar. Dann schaue ich zurück und fühle die Emotionen von ­damals.

Was macht das mit Ihnen?
Manchmal muss ich noch weinen. Klar, ich würde es ­gerne vergessen. Aber ich werde es sowieso nie schaffen.

Der Einbrecher wurde letzten Frühling ­gefasst und zu zwölf Jahren Haft ­verurteilt. Hat Sie die Nachricht ­erleichtert?
(Überlegt lange.) Ich bin glücklich, dass sie ihn gefasst haben. Aber der Überfall wird immer ein Teil von mir bleiben.

Leiden Sie an Angstzuständen?
Die Phase unmittelbar nach dem Überfall war hart. Da habe ich mich immer wieder mal umgeschaut, um zu sehen, ob der Dieb noch da ist. Diese Flashbacks sind nicht mehr da. Aber ich fühle mich nicht wohl, wenn ich alleine an einem Ort bin, den ich nicht kenne.

Nach der Operation veröffentlichten Sie ein Vorher-Nachher-Bild Ihrer Hand. Warum?
Ich wollte, dass meine Fans ­wissen, was Sache ist. Ich bin froh, dass die Operation gut verlief.

Zurück zur Aktualität. Wie ­stehen die Chancen, dass Sie die Australian Open gewinnen?
Die Möglichkeit ist da. Aber es 
gibt 127 andere, die auch siegen ­wollen (lacht). Im Ernst: In ­Australien brauche ich wegen meines Asthmas etwas Wetterglück. Wenn es sehr heiss und feucht ist, habe ich Nachteile.

In Wimbledon ist es dann sicher kühler. Da gewannen Sie ­zweimal, konnten jedoch nie mit Roger Federer beim Champions Dinner feiern.
Zu schade! Aber genau in diesen Jahren gewann Federer nicht. Es wäre super, wenn es doch noch klappen könnte, denn Roger ist ein so netter Typ, ich mag ihn wirklich.

Kann er denn Wimbledon zum ­neunten Mal gewinnen?
Er hat es definitiv drauf. Denn ­Roger weiss genau, wie man auf Rasen spielen muss. Ich bewun­dere ihn.

Ist sein Alter kein Problem?
Roger ist nicht mehr jung. Aber er orientiert sich an den Jungen – das macht ihn so gut.

Sie selber sind auch eine Rasen-­Spezialistin.
Ich habe ein super Spiel dafür. Klar, ich will ein drittes Mal ­gewinnen. Aber es wird schwierig. Es ist seither viel passiert, ich ­bleibe realistisch.

Können Sie sich vorstellen, wie Federer bis 37 auf der Tour zu sein?
Ich würde gerne noch einmal bei den Olympischen Spielen mit ­dabei sein, also bis in Tokio 2020. Was danach sein wird, werden wir ­sehen. Ich denke zum Beispiel auch daran, eine Familie zu ­gründen.

Viktoria Azarenka und Serena Williams spielen, obwohl sie Mütter sind.
Karriere und Kinder: Puh, das ist hart. Bei den Männern ist das viel einfacher.

Das ist Petra Kvitova

Petra Kvitova (28) aus Bilovec (Tsch) gewann zweimal Wimbledon und mit Tschechien sechs Mal den Fed Cup. 2011 erreichte die Linkshänderin als Weltnummer 2 ihr bestes Ranking und gewann den Tour-Final. Bei Olympia 2016 holte sie Bronze. Sie war verlobt mit Eishockeyspieler Radek 
Meidl, das Paar trennte sich 
2016. Seit Mai 2018 ist Kvitova Botschafterin von TAG Heuer. Auf Einladung der Schweizer Uhrenmarke entstand dieses Interview.

Petra Kvitova (28) aus Bilovec (Tsch) gewann zweimal Wimbledon und mit Tschechien sechs Mal den Fed Cup. 2011 erreichte die Linkshänderin als Weltnummer 2 ihr bestes Ranking und gewann den Tour-Final. Bei Olympia 2016 holte sie Bronze. Sie war verlobt mit Eishockeyspieler Radek 
Meidl, das Paar trennte sich 
2016. Seit Mai 2018 ist Kvitova Botschafterin von TAG Heuer. Auf Einladung der Schweizer Uhrenmarke entstand dieses Interview.

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