Es geschieht völlig unerwartet nach Federers Erstrundensieg gegen Alejandro Falla. Als der Schweizer den Court Philippe-Chatrier verlassen will, springt ein Teenager über die Bande. Er will ein Selfie, ein Foto mit dem Handy. «Er kam von hinten, ich konnte gar nichts tun», berichtet die Weltnummer 2 besorgt. Tags zuvor im Training hätten es sogar mehrere Kids zu ihm auf den Platz geschafft.
Ähnliches passierte Federer auch schon in Wimbledon und Montreal. Aber der Zwischenfall im Jahr 2009 – ebenfalls in Paris – sei der schlimmste gewesen. Mitten im Final gegen Robin Söderling sprang da der berühmte Flitzer Jimmy Jump auf Roger zu und wollte ihm eine Mütze aufsetzen.
Mit deutlichen Worten kritisiert Federer am Sonntag die Sicherheitsmassnahmen an Turnieren: «Das gefällt mir gar nicht. Wir Spieler müssen uns sicher fühlen.» In beiden Fällen der letzten Tage waren es nur Jugendliche auf der Jagd nach Fotos. Aber: Schafft es einer mit dem Handy auf den bewachten Court, so schafft es auch einer mit dem Messer oder anderen Waffen.
Wie damals am 30. April 1993 in Hamburg, als Günter Parche – ein fanatischer Fan von Steffi Graf – deren grösste Rivalin Monica Seles beim Seitenwechsel in den Rücken stach. «Ich kenne Monica, traf sie schon in New York», so Federer und fordert eine Reaktion. «Es ist so einfach für die Fans, auf den Platz zu springen. Die Sicherheitsleute können nicht nur in Anzug und Krawatte da rumstehen. Ich will wissen, was jetzt als Nächstes passiert.»
Turnierdirektor Gilbert Ysern: «Dass Roger nicht zufrieden ist, verstehe ich. Für uns ist dieser Fehler sehr peinlich.» Seit dem Seles-Drama und besonders nach dem Pariser Attentant im Januar auf das Satire-Blatt Charlie Hebdo seien die Massnahmen massiv verschärft worden, erklärt Ysern.
Konsequenzen muss der freche Teenager trotzdem tragen. Für die Turnierdauer ist er von der Anlage verbannt. Das Selfie wurde aus dem Handy gelöscht. Was ihm aber bleibt, ist ein riesiges Bild von sich und dem Superstar – auf der Titelseite der französischen Sportbibel «L’Équipe».