Es ist eine rasante Vorstellung, dieser Zweitrunden-Match unter geschlossenem Centre Court in Wimbledon. Stan Wawrinka peitscht die Filzbälle mit seiner einhändigen Rückhand, Juan Martin del Potro mit der Vorhand. Es ist der Schlag, den der nach zweijähriger Pause auf Nummer 165 der Welt abgerutschte Argentinier mit seinem rechten Arm ausführen kann – und damit deutlich stärker, als seine beidhändige Rückhand mit dem dreifach operierten linken Handgelenk.
Und auch Stans Start ist zunächst rasant. Gleich verwandelt er seinen ersten Breakball zum 3:1, nach 28 Minuten ist der erste Satz vorbei. Im zweiten Durchgang läuft dann allerdings alles umgekehrt. Mit einem fehlerhaften Spiel, das mit Doppelfehler endet, verschenkt der Romand sein erstes Break an Del Potro. Der 1,98m-grosse Riese zieht auf 6:3 davon.
«Im zweiten Satz schenkte ich ihm ein Game – danach war es nie mehr leicht. Ich war nicht mehr frei und aggressiv genug, um zurück ins Match zu finden. Und ich begann, zu viel nachzudenken», sagt Wawrinka.
Stans Trainer-Duo Magnus Norman und Richard Krajicek sowie Begleiterin Donna Vekic sehen mit sorgenvollen Mienen in der Spielerbox zu. Müssen bezeugen, wie der 27-jährige US-Open-Sieger von 2009 immer mehr ins Spiel findet. Überrascht wurde Stan nicht. Der 31-Jährige, der die einzige vorherige Wimbledon-Begegnung im Jahr 2008 gewann, hatte ein hartes Match gegen Del Potro erwartet. «Er spielt stark und er liebt Rasen.» Das hatte der Argentinier schon im Jahr 2012 bewiesen.
Unvergessen sein epischer Olympia-Halbfinal gegen Roger Federer, der 19:17 im Entscheidungssatz zugunsten des Schweizers ausging. Auch das heutige Duell zieht sich in die Länge – allerdings nicht ganz nach Marathon-Stans Geschmack. Den dritten Satz verliert er nach einem schlechten Tiebreak, den vierten wieder deutlicher mit 3:6. Nachdem der zweifache Grand-Slam-Sieger Wawrinka hier zweimal hintereinander die Viertelfinals erreicht hat, ist sein Out in Runde 2 besiegelt.
«Juan Martin hat den Sieg verdient. Es ist grossartig fürs Tennis, dass er zurück ist – wir sind alle happy darüber. Er ist ein toller Typ, hatte so viel Pech. Und schon wieder sehr gut drauf, wie man sieht. Sein Service ist stark, seine Vorhand auch. Nur mit seiner Rückhand hadert er noch ein wenig», so Stan nach dem Match.
Allerdings relativiert er: «Mal sehen, wie er sich von diesem Match erholt. Er muss schon morgen wieder ran. Das ist schwierig, wenn man nach einer so langen Pause zurückkommt.»