Davis-Cup-Sieger, Olympia-Sieger und nun zweifacher Grand-Slam-Champion. «Wenn ich das höre, kann ich es selber noch nicht glauben», sagt Stan Wawrinka nach seinem French-Open-Sieg. Er bezwingt Turnierfavorit Novak Djokovic – 4:6, 6:4, 6:3, 6:4.
Um 18.25 Uhr wirft Wawrinka sein Racket in den Pariser Abendhimmel. Kein Jubelsprung, kein Herz im Sand, kein Tippen an die Schläfe. «Das war der beste Match meines Lebens», sagt er dann doch und gibt zu: «Ich habe nie gedacht, dass ich in meiner Karriere so viel erreichen kann.»
Damit, dass er in Paris den Titel holt, hat keiner gerechnet. Unruhe im privaten Umfeld und sportlich in der Krise reist er kurzfristig und geknickt aus Genf an. Dort muss er sich erst über einen «Scheiss-Artikel» aufregen, dann wird er wegen seiner karierten Shorts mit Spott und Hohn bedacht.
Während des Turniers lässt er sein Racket sprechen. Mit jedem Sieg wächst das Selbstvertrauen des «ewigen Zweiflers». «Novak spielt nicht gerne gegen mich. Er wird sicher nervös sein», lässt er sich vor dem Final eine Kampfansage entlocken.
Als er gestern um 15 Uhr den Platz betritt, rückt er keinen Moment von seinem Schlachtplan ab. Auch nicht, nachdem er den ersten Satz verliert. Der Wucht seiner Schläge hat auch der derzeit beste Tennisspieler der Welt nichts entgegenzusetzen. «Stan the Man» läuft auf dem Center Court zur Höchstform auf. Feiert Punktgewinne wie ein Rockstar.
Djokovic hingegen verliert die Nerven. Als er sein Racket zertrümmert, wird er gnadenlos ausgebuht. Versöhnlicher zeigt sich das Pariser Publikum erst später, als er sich als fairer Verlierer präsentiert.
Unbesiegbar, unverwundbar, unzerbrechlich wirkte der Serbe vor Paris. Im Viertelfinal schaltete er den neunfachen Rekord-Champion Rafael Nadal aus. Aber die «Coupe des Mousquetaires» fehlt weiterhin in seinem Palmarès, als einzige der vier Grand-Slam-Trophäen.
«Es gibt im Leben wichtigere Dinge. Charakter und Respekt zum Beispiel. Stan, du verdienst diesen Titel», sagt Djokovic auf Französisch.
Tränen der Enttäuschung kullern ihm über die Wangen. Stehende Ovationen für den zweiten Sieger. Trost von Wawrinka: «Ich bin sicher, dass du hier noch den Titel gewinnen wirst.»
Um 18.40 Uhr erhält Wawrinka die «Coupe des Mousquetaires» aus den Händen von Paris-Liebling Gustavo Kuerten. «Danke euch allen für die Unterstützung! Danke meinem Trainer Magnus. Danke meinen Eltern und meinen Geschwistern, die heute gekommen sind.»
Stan Wawrinka, ein echter Champion.