Schon am 27. Juli ist klar, dass dieser Moment spätestens im November kommen würde. Damals erklärt Roger Federer wegen der Spätfolgen des zu Beginn des Jahres erlittenen Meniskusrisses im linken Knie seine Saison vorzeitig für beendet. Nun, nach 735 Wochen ohne Unterbruch, gehört er heute, am Montag, dem 7. November 2016, als Nummer 16 der Welt nicht mehr zu den Top Ten der Weltrangliste.
Letztmals war der Baselbieter am 13. Oktober 2002 oder vor 5139 Tagen nicht Teil dieses exklusiven Zirkels.
Es ist das Jahr, in dem der Euro eingeführt wird. Nach 22 Jahren feiert der FC Basel unter Christian Gross seinen ersten Meistertitel. Der «Ketchup Song» führt die Schweizer Hitparade an. Der 20-jährige Gymnasiast Simon Ammann aus dem Toggenburg gewinnt bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City völlig überraschend zwei Mal Gold. Michael Schumacher wird im Ferrari zum vierten Mal in Folge Formel-1-Weltmeister und George W. Bush führt als 43. Präsident der USA in Afghanistan seinen «Krieg gegen den Terror».
Seither hat Federer zahlreiche Rekorde für die Ewigkeit aufgestellt. Verteilt auf drei Regentschaften war er während 301 Wochen die Nummer 1 der Welt, am längsten von Februar 2004, als er erstmals den Thron besteigt, bis im August 2008. Auch das ein Rekord. Sein wichtigster: 17 Grand-Slam-Titel – sieben in Wimbledon, fünf bei den US Open, vier bei den Australian Open und einer bei den French Open. Er gewinnt 2008 mit Stan Wawrinka Olympia-Gold im Doppel und vor zwei Jahren auch den Davis Cup.
Roger macht eine Pause, um seine Karriere zu verlängern
Er ist vom launischen Talent mit Pferdeschwanz zum Weltstar aufgestiegen, hat fast 100 Millionen Dollar Preisgeld eingespielt, ist Werbeträger für Luxusmarken wie Rolex, Moët & Chandon oder Mercedes. Federer besitzt Immobilien in Dubai, Wollerau und auf der Lenzerheide. Seit Jahren ist er einer der bestverdienenden Sportler der Welt. Inzwischen wird sein Vermögen auf eine halbe Milliarde Dollar geschätzt. Er umgibt sich mit Präsidenten, Rockstars und Sportlegenden. Zu einer solchen ist er selber geworden.
Während er damals mit seinem Trainer und optischen Zwilling Peter Lundgren um die Welt reiste, tut er dies heute oft mit einer Entourage aus zwei Trainern, einem Physiotherapeuten, seiner Frau Mirka und vor allem seinen vier Kindern: Charlene und Myla (7) und Leo und Lenny (3).
Die Welt, seine Welt und die Tennis-Welt haben kaum mehr etwas gemein mit jener von vor 14 Jahren, als seine Ära anbricht. Er ist immer ganz oben dabei geblieben.
Geblieben ist auch seine Freude am Tennis. Auf Höhepunkte wie die Olympischen Spiele oder die US Open zu verzichten hat ihn geschmerzt. Getroffen hat er die Entscheidung aber, weil er seine Karriere verlängern will. Nicht, weil er Rekorde brechen will. Jener von Jimmy Connors ist für ihn sowieso nicht mehr zu knacken. Der Amerikaner gehörte zwischen 1973 und 1988 während 788 Wochen den Top Ten an – und damit noch ein Jahr länger als Federer.