Es ist mittlerweile fast so sicher wie das Amen in der Kirche. Wo Nick Kyrgios ist, da kommts zum Eklat.
In Washington Anfang August ist er Alleinunterhalter des Turniers. Er gewinnt es mit grandiosem Tennis, lässt daneben aber auch wieder mal die Sau raus: Er schmettert eine Wasserflasche gegen den Schiri-Stuhl, beschimpft den Ref als «Kartoffel mit Armen und Beinen» und zerlegt ein Racket nach dem anderen.
Am Mittwoch steht er beim nächsten ATP-Turnier in den USA (Cincinnati) auf dem Court. Und wer denkt, dass sich der 24-Jährige für einmal brav verhält, irrt sich gewaltig. Im Sechzehntelfinal gegen den Russen Karen Chatschanow lässt er Genie und Wahnsinn erneut aufleben.
«Der schlechteste Ref!»
Teils mit magistralen Schlägen entscheidet er den ersten Satz trotz Schmerzen am Knöchel mit 7:6 für sich. Doch in Kyrgios drin brodelts. Was ihn enerviert: Referee Fergus Murphy startet die Shot Clock für Kyrgios’ Geschmack viel zu früh. Er schimpft: «Spielt Rafa so schnell? Zum Todlachen! Wenn Rafa schnell spielt, trete ich vom Tennis zurück! Ernsthaft, seine Rituale dauern allein 20 Sekunden. Das ist ein Witz!» Der Schiri kriegt auch in der Folge sein Fett ab: «Der schlechteste verdammte Referee, den es gibt. Keine Frage. Jedes Mal, wenn ich spiele, macht er irgendeinen Scheiss!» Dann brüllt er: «Warum habe ich immer Probleme, wenn diese Kartoffel im Stuhl sitzt?»
Den zweiten Satz verliert er prompt 6:7. Und dann gehen mit Kyrgios die Pferde durch. Er schreitet mit zwei Rackets in den Händen – ohne Erlaubnis des Schiris – zur Garderobe, wo er beide Schläger mit voller Wucht mehrmals auf den Boden hämmert. Ein irrer Ausraster, für den Kyrgios später nicht einmal bestraft wird.
Keine US Open für Kyrgios?
Danach kriegt sich der 1,93-Meter-Mann nicht mehr ein. Völlig unmotiviert verliert er den Entscheidungsdurchgang 2:6. Natürlich lässt er seinen Frust an Murphy aus: «Du bist ein verdammter Schwanz!», faucht er – und spuckt in Richtung Schiri-Stuhl. Dass er den Handschlag verweigert, versteht sich von selbst.
Für viele im Tennis-Zirkus ist der jüngste Eklat einer zu viel: Ex-Profi und Sky-Sports-Kommentator Barry Cowan sagt: «Murphy hat nichts falsch gemacht. Aber was Kyrgios am Ende tat, ist ganz ehrlich gesagt, eklig. Ich möchte, dass Kyrgios eine hohe Busse kassiert.»
Die ATP untersucht den Vorfall. Weil Kyrgios Wiederholungstäter ist, könnte er tatsächlich zu einer saftigen Geldstrafe verdonnert werden. Doch es könnte noch dicker kommen für den Tennis-Rüpel. Ihm droht eine Sperre auf der Tour. Er könnte sogar von den US Open ausgeschlossen werden, wie verschiedene US-Medien schreiben. (sag)