Barbara Rittner, die deutsche Bundestrainerin erinnert sich. Es war vor dreizehn Jahren bei einem Fördertraining. «Angie hat damals als 15-Jährige auf einem Bogen ausgefüllt, dass es ihr Ziel sei, die Nummer eins zu werden – es war ganz klar definiert, ohne Wenn und Aber.» Jetzt, 19 Jahre nach Steffi Graf, steigt mit Kerber erstmals wieder eine Deutsche auf den Welt-Thron. Mit 28 Jahren und 239 Tagen als älteste Debütantin der Tennis-Geschichte.
Angélique Kerber ist damit nicht nur Nachfolgerin ihres Jugend-Idols Steffi Graf, sie ist auch ihre Retterin. Denn sie verhindert, dass Graf mit ihren 186 Wochen in Folge als Welt-Nummer 1 von Serena Williams entthront wird. Dank Kerber bleibt diese Statistik zwischen Steffi und Serena unentschieden.
«Bei Kerber sieht man, zu welchen Ergebnissen Fitness führt»
Steffi und Angie – da gibts noch eine andere Parallele: Ihre Fitness. Als Steffi zwischen 1980 und 1999 auf den Courts brillierte, tat sie das, weil sie von allen Spielerinnen am besten austrainiert war. Kein Gramm Fett, Laufen und Spielen bis zum Geht-nicht-mehr. Martina Navratilova hat diese Qualitäten von Kerber bereits vor drei Jahren erkannt. Zu der Zeit, als die US-Tschechin das Frauen-Tennis immer wieder kritisierte, weil die Spielerinnen nicht richtig fit seien: «Man sieht ja gerade bei Angélique Kerber, wie schnell sich durch eine verbesserte Fitness bessere Ergebnisse einstellen können.»
Ihr Erfolg ist keine Eintagsfliege
Trotz dieses Lobs: Kerbers Durchbruch liess bis zum vergangenen Australian Open auf sich warten – bis zu ihrem ersten Grand-Slam-Sieg. Es ist keine Eintagsfliege: Finalistin in Wimbledon, im Olympia-Final in Rio – und heute folgt in New York gegen Karolina Pliskova (Tsch) die Krönung.
Da will sich Angélique Kerber erneut auf ihre Stärke verlassen. Als geborene Rechtshänderin schwingt sie das Racket nämlich mit links und damit tun sich viele Gegnerinnen schwer. Kerber verrät auch, weshalb es so ist: «Als Kind standen die Trainer ja gegenüber von mir. Da habe ich es so gemacht wie sie. Bei mir war es dann eben links, was bei ihnen rechts war.» Übrigens: Auch Rafael Nadal schwenkte vom geborenen Rechtshänder fürs Tennis auf links. Weil er auch im Fussball mit links besser war.