Als mitfiebernde Tennismutter flippt Dijana Djokovic, Mama des serbischen Tenniskönigs, oft auf den Tribünen aus. Emotional wird sie auch in einem Videointerview mit dem serbischen Onlineportal «Blic Sport», in dem die 56-Jährige im Rahmen der Sendung «Mothers of Champions» pikante Details aus dem Leben ihres Sohnes enthüllt. Nicht selten laufen ihr dabei die Tränen über die Wangen.
Mama Djokovic über ...
… Novaks Kindheit:
«Von klein auf war er nicht wie alle anderen Kinder. Damit meine ich nicht sein Talent im Tennis, sondern wie er als Kleinkind war. Immer viel reifer. Er spielte gern, aber seine Aufmerksamkeit war anders ausgerichtet. Sein Blick war scharf, seit er geboren wurde. Gleich nach der Geburt hatte er die dichten, schwarzen Haare und schrie so laut wie ein Esel. Ich wusste sofort, dass er mein Sohn ist.»
... Novaks Tennis-Anfänge:
«Ich war nie ein klassisch ehrgeiziger Elternteil, nicht in den wildesten Träumen hatte ich mir vorgestellt, dass mein Sohn einmal der Beste der Welt sein würde. Seit er begann, drehte sich in unserer Familie alles nur noch um Tennis. Dabei spielte gar niemand von uns. Im Alter von sechs oder sieben brachten wir ihn in ein Lager nahe unserem damaligen Wohnort Kopaonik. Dort traf er im Tennisklub Partizan auf die Trainerin Jelena Gencic. Sie übernahm ihn und sagte, nach Monica Seles kein talentierteres Kind mehr in dieser Gegend gesehen zu haben. Ja, er war talentiert. Aber Tennis ist ein teurer Sport …»
... ihre Armut und Verzweiflung:
«Wir hatten eine sehr schwierige Zeit. Wir arbeiteten beide in Kopaonik, aber das Geld reichte gerade, um die Miete zu zahlen. Mein Mann Srdjan begleitete Novak an die Turniere, ich blieb mit zwei kleinen Kindern zu Hause – wir hatten keinen Dinar (damalige Währung, die Red.) mehr übrig. Jeden Morgen wachte ich auf und wusste nicht, wie ich Brot für uns kaufen konnte. Das tat weh, ich war verzweifelt. Aber wenn man keine Wahl und ein Ziel vor Augen hat, schafft man es irgendwie. Ich denke, wir waren sehr mutig. Wenn Novak in einem anderen Land geboren wäre, wäre alles anders gewesen. Aber in Serbien hatten wir keinerlei Unterstützung. Wir hatten viele schlaflose Nächte. Die Sorge hat mich krank gemacht.»
... ihren Mann und dessen dubiose Geldbeschaffung:
«Srdjan borgte sich von Leuten, die illegale Geschäfte machten, Geld. Die wollten es natürlich mit hohen Zinsen zurück. Dabei drehte er sich immer wieder im Kreis. Um die Schulden zu tilgen, musste er sich wieder Geld ausleihen, und wieder und wieder ... Je mehr die Dealer spürten, wie dringend wir das Geld brauchten, desto mehr erhöhten sie den Zinssatz. Als Novak erstmals ans Juniorenturnier in Roland Garros ging, erhöhte einer in letzter Minute von 10 auf 15 Prozent. Aber was sollten wir tun? Wir hatten keine Wahl. Srdjan klopfte an Tausende von Türen, um einen Sponsor zu finden. Er sprach mit Geschäftsleuten, ob sie nicht in Novak investieren wollten. Doch die Leute hatten kein Gehör. Schade – heute hätten sie wahrscheinlich Millionen verdient.»
... vernachlässigte Brüder:
«Alles drehte sich nur noch um Novak. Wir vernachlässigten seine beiden jüngeren Brüder, weil wir unsere Pläne oft spontan nach Novak richteten. Einmal sollten Marko und Djordje in ein Camp nach Barcelona. Aber wir stornierten es, weil die ganze Familie am nächsten Morgen nach Miami flog, um bei Nole zu sein. Er brauchte uns, und wir wollten ihm das Gefühl geben, dass wir hinter ihm stehen. Dann erreichte er den Final – es war ein Schlüsselerlebnis. Ab da gaben wir alles für ihn. Es tut mir leid für die anderen Söhne, sie waren auch talentiert. Aber wir konnten sie nicht auch noch unterstützen. Meinem Mann gingen die Reserven aus. Wir hatten keine Kraft, es nochmals wie mit Novak zu machen.»
... Novaks teuren Preis für den Erfolg:
«Er hatte Erfolg, der war süss. Aber mit der Popularität kamen auch viele Grausamkeiten. Ich erinnere mich an seinen ersten Final 2005 in London und an das Geld, das wir dafür erhielten. Es war, als hätten wir Millionen verdient, dabei war es nur die erste Absicherung, die wir jemals hatten. Auf der Heimreise hatte ich etwas mehr Geld bei mir, als ich durfte, und hatte Angst, am Flughafen durchsucht zu werden. Als sie mich danach fragten, stotterte ich, es sei Turniergeld, ich wisse nicht genau, wie viel. Zum Glück erschien in dem Moment eine Frau, die dem Zöllner sagte, er solle mich gehen lassen ... 2009 in London hatte ich noch mehr Angst: Scotland Yard hielt uns alle im Haus fest. Weil Novak die Aktion «Kosovo ist Serbien» unterstützt hatte, bedrohten ihn albanische Gruppierungen. Eine Nachbarin erzählte mir, dass Männer aus unserem Block – wahrscheinlich Drogenabhängige – meine Hunde entführen wollten, um Lösegeld zu fordern. Novak verlor dann gegen Marat Safin und alle fragten sich, warum. Natürlich, weil der Junge unter grossem Druck stand! Darüber wurde nicht gesprochen.»
... Novaks Ruf auf dem Tennisplatz:
«Zu Beginn seiner Karriere hatte Novak viele gesundheitliche Probleme. Weil er ein paar Matches aufgeben musste, wurde er oft vom Publikum oder von Tennisexperten angegriffen. Dabei hatte er eine Nasenwandverkrümmung, das Atmen fiel ihm schwer. Nach einer Operation ging es besser. 2010 wurde seine Glutenunverträglichkeit festgestellt. Die machte ihm das Leben schwer. Wegen der Hitze musste er in Australien aufgeben. Dann sein blutender Zeh in Paris 2007: Nachdem er fünf Tage hintereinander spielen musste, gab er den Halbfinal gegen Nadal auf. Danach beschuldigten ihn alle, auch John McEnroe! Dabei hatte ich seinen Fuss schon in der Nacht vor dem Duell bandagiert. Am Morgen konnte er auch in Pantoffeln kaum laufen. Ich riet ihm, nicht auf den Platz zu gehen, er wollte unbedingt, erhielt eine Schmerzmittel-Spritze. Dann bodigte er Nadal im ersten Satz mit 6:2. Zwischen den Sätzen nahm Novak ein medizinisches Timeout, um die Wunden zu verbinden. Als Nadal das Blut sah, wusste er, was Sache war, jagte ihn danach in alle Ecken. Bis Novak aufgeben musste.»
... Novaks Umgang mit Niederlagen:
«Die Niederlage bei Olympia in Rio bricht mir immer noch das Herz. Novak ist ein glückliches Kind, und es fällt ihm nicht schwer, zu weinen. Aber die damaligen Tränen waren die grössten, die ich je bei ihm erlebt habe. Er hatte alle Voraussetzungen, Gold zu gewinnen. Der Wunsch wurde ihm nicht erfüllt. Er hatte dieses Ellbogenproblem und konnte dem Druck nicht standhalten. Er spürte, dass er die Menschen in Serbien enttäuscht hatte. Wir waren beide sehr emotional. Das hat er vielleicht von mir – auch ich fluche manchmal ziemlich stark.»
... die religiöse Erfahrung mit Roger Federer:
«Ich habe viele Matchs gesehen, aber Wimbledon letztes Jahr war der schwierigste. In einem Stadion, wo alle Roger Federer anfeuerten, waren wir nur eine Handvoll Fans für Novak. Es ist nicht schön, dass ich von Federer oder anderen in solchen Momenten genervt bin. Aber es ärgerte mich, weil Federer ein bisschen arrogant ist. Als Federer zwei Matchbälle hatte, griff ich nach meinem Kreuz vom Fluss Don. Ich bin gläubig, das Amulett trage ich ständig, es hat mich in schwierigen Momenten oft gerettet. Ich sagte mir: ‹Nole, du kannst das, du hast es zweimal getan, du kannst es auch ein weiteres Mal.› Er hat es getan. Er wurde von Gott gerettet. Novak glaubt auch an Gott, er fühlt sich auserwählt. Er trägt ein Kreuz, das ihm Frieden und Glück bringt. Es ist vom griechischen Kloster Hilandar. Er sagt seine Gebete morgens und abends auf, wann immer er das Bedürfnis hat.
... Novaks Liebesleben:
«Als junger Mann, der mehr unterwegs als zu Hause war, hatte er nie Zeit für Spass. Nur ein einziges Mal lernte ich eine Freundin von ihm kennen, eine Volleyballspielerin aus Kraljevo. Aber da waren sie noch fast Kinder. Als er später mit Jelena kam, dachte ich, es wäre gleich unbedeutend, Novak war ja erst 18. Aber es kam anders. Er wartete nicht länger, heiratete Jelena. Logisch, dass seine Frau die Dinge übernahm, die ich sonst für ihn getan habe – Kochen, Haushalt. Ich mische mich nicht mehr in sein Leben ein. Leider leben sie nicht hier in Serbien, wir sehen uns selten. Sie haben ihre eigene Familie, ihre Oase. Es gibt einige Unterschiede zwischen ihrem Leben und unserem, Kindererziehung oder Esskultur, bei denen ich nicht immer zustimme.»
... ihre Sehnsucht nach dem Sohn:
«Ich vermisse die Zeit, die ich früher mit Novak hatte, sehne mich nach ihm. Heute gehört er der ganzen Welt mehr als seiner eigenen Familie. Nur zu gerne würde ich mal eine halbe Stunde mit ihm allein sein, reden, lachen, weinen, nur wir beide! Aber dieser Luxus ist unmöglich, er hat zu viele Verpflichtungen, und es sind immer zu viele Menschen um ihn herum. Am liebsten würde ich ihn an die Hand nehmen und irgendwohin fortgehen. Eines Tages werde ich das tun!»