Roger Federer (ATP 5) gegen Denis Shapovalov (ATP 23) lautet der Halbfinal des ATP-1000-Turnier in Miami (USA). Die Erwartungen sind riesig. Auf der einen Seite der beste Tennisspieler der Geschiche, auf der anderen das kanadische Supertalent. Das Spiel beginnt allerdings zäh, erst nach mehr als zehn Minuten kann Shapovalov das erste Game nach Hause servieren. Beide Spieler zeigen kein grosses Tennis, doch das ändert sich bei Federer rasch.
«Dieses Spiel hat mir sicher geholfen, mich auf meinen Gegner einzustellen», wird der Schweizer im Anschluss an die Partie sagen. «Auch wenn ich das Game verlor, hatte ich von Beginn weg ein gutes Gefühl.»
Federer dominiert
Sein Gefühl täuscht den Schweizer nicht. Wie schon im Viertelfinal gegen Kevin Anderson (ATP 7) dominiert der Baselbieter das Spiel komplett. Faszinierend, wie leichtfüssig er sich mit seinen 37-Jahren bewegt, beeindruckend, wie sicher seine Bälle im Feld landen.
Hinzu kommt, dass Shapovalov kaum etwas gelingt, besonders die Rückhand des 19-Jährigen enttäuscht. Die Nervosität im wohl grössten Match seiner bisherigen Karriere ist dem Kanadier deutlich anzumerken. Nach rund 30 Minuten gewinnt Federer den ersten Satz mit 6:2.
Leistungssteigerung reicht nicht aus
Im zweiten Satz zeigt Shapovalov endlich, warum er als riesiges Talent gilt. Zwar geht Roger Federer erneut früh mit einem Break in Führung, doch daraufhin entwickelt sich ein Match, das die Zuschauer immer wieder von den Sitzen reisst: Herrliche Grundlinienduelle, überragende Volleys und zwei Athleten, die sich von einer Seite des Feldes auf die andere hetzen.
Allerdings wird vor allem bei den Aufschlagspielen von Shapovalov Spektakel geboten. Federer lässt sich bei eigenem Aufschlag kaum aus der Ruhe bringen. Nur zu Beginn des zweiten Satzes muss er Breakchancen abwehren. Danach geht er in Führung und schaut nicht mehr zurück. Nach 73 Minuten verwertet er seinen zweiten Matchball und steht im Final von Miami.
Extra-Motivation gegen Jungspunde
«Denis war heute gut und er wird noch viel besser werden», lobt Federer im Anschluss pflichtbewusst seinen Gegner. Bevor er zugibt, gegen solche jungen Spieler speziell motiviert zu sein. «Meiner Tochter sagte ich vor dem Spiel, dass Denis noch gar nicht geboren war, als ich auf der ATP-Tour begann.» Dann habe sie gerechnet und festgestellt, dass sein Gegner demnach sehr jung sein müsse. «Ja», habe ihr Federer lachend erwidert. «Und ich sehr alt».
Sein Gegner im Final gehört auch zu den «Alten». Der 33-jährige John Isner (ATP 9) setzt sich in zwei Tiebreaks gegen den anderen kanadischen Jung-Star, Félix Auger-Aliassime, durch.
«Ich bin dann der Goalie»
Isner ist Titelverteidiger in Miami und bekannt für seine brachialen Aufschläge, bei denen auch der zweite Service regelmässig die 200 km/h-Grenze durchbricht. Entsprechend ist es bei Matches des US-Amerikaners oft entscheidend, wem das erste Break gelingt.
Federer sagt, er freue sich auf das Duell: «Er ist einer der besten Aufschläger der Geschichte. Ich geniesse es, ihm zuzuschauen.»
Diese Aussage überrascht den Fragesteller und das Publikum, in der Regel gelten Isner-Matches wegen der kurzen Punkte als langweilig. Doch Federer hat seine eigene Sichtweise: «Das ist ein wenig wie Penaltyschiessen im Fussball. Entweder gibt es ein Ass oder nicht, für mich ist das aufzuregend. Ich werde im Final also der Torhüter sein und versuchen, so viele Bälle wie möglich abzuwehren.»