Nach dem Rutsch ins neue Jahr der Sieg bei den Australian Open. In Nordamerika eine Phase ohne Titelgewinn. Eine unter des Rasenkönigs Würde stehende Leistung in Halle (Finalniederlage) und Wimbledon (Viertelfinal-Out). Ein zu früher Abschied aus New York. Aber viel Aufwind in der herbstlichen Hallensaison: Der vierte Turniersieg des Jahres fällt in der Heimat Basel. Gefolgt von einem Halbfinal in Paris-Bercy.
Kommt Ihnen diese Jahresbilanz von Roger Federer bekannt vor? Natürlich, es ist ein Abriss seiner letzten elf Monate. Es ist aber auch das Résumé seines Jahres 2010. Und das Verheissungsvolle an dieser Parallele: Vor acht Jahren beendete der Schweizer die Saison mit einem triumphalen Epilog, wurde Champion der ATP Finals.
Machs also wie 2010, Roger! Der Weg führte damals nach einer Gruppenphase ohne Niederlage über Novak Djokovic im Halbfinal und Rafael Nadal im Final. Nie hatte ein besonders angriffiger Federer zuvor seine Chancen gegen den Spanier derart konsequent gepackt wie an jenem 28. November. In drei vorangehenden Jahren hatte er Nadal nur einmal besiegen können.
Ausser der serbischen Weltnummer 1 ist heute keiner der damaligen Gegner dabei. Nadal sagte wegen einer Knöchel-OP ab. Statt Söderling, Murray, Berdych, Ferrer und Roddick heissen die diesjährigen Teilnehmer Zverev, Anderson, Cilic, Thiem, Nishikori und Isner. Aber wie damals Nadal ist Djokovic heute der «Angstgegner», den Federer seit drei Jahren nicht mehr zähmen kann.
Letzte Woche beim Hallenturnier in Paris war er nur ein paar Punkte davon entfernt. Die Weltnummer 3 liess gegen den besten Return-Spieler der Welt in einer Weltklasse-Partie sein Herz auf dem Court, verlor ultraknapp im Tie-Break des dritten Satzes. Spielt Federer auch in Englands Metropole wieder so gut, braucht es nur ein Quäntchen mehr Glück oder eine winzige Schwächephase des Serben – und er hätte auch den Djoker wieder im Griff.
Klar, es stehen Federer in der Gruppe «Lleyton Hewitt» auch noch andere Gefahren im Weg. So der Südafrikaner Anderson, der ihm in Wimbledon empfindlich zusetzte. Auch hier gibts eine Parallele: 2010 hiess sein grosser Grand-Slam-Spielverderber nämlich Robin Söderling – der Schwede bremste unseren Titelverteidiger in Roland Garros im Viertelfinal aus. Roger rächte sich in der Londoner O2-Arena.
Bei allem Optimismus – und Aberglauben –, natürlich gibt es auch Unterschiede zu früher. Weil Federer damals die Sandsaison noch spielte, ging er mit einer 60:13 Matchbilanz in den letzten Event des Jahres. Der damals 16-fache Major-Sieger war erst 29 Jahre alt. Vor dem heutigen Auftakt gegen Kei Nishikori (21 Uhr, SRF 2 live) steht der 37-jährige Vierfach-Papi bei einer Bilanz von 46:8, ist ein Teilzeit-Champion mit schon 20 Grand-Slam-Titeln.
2018 ist ein Jubiläumsjahr – wen würde es schon wundern, wenn Federer mit seinem 100. Turniersieg zum 7. Mal Weltmeister würde?