Obwohl es in Strömen regnet, scheint am Dienstag für Luana Montanari (22) in Gstaad die Sonne. Erstmals trifft sie Stan Wawrinka (30), ihr grosses Vorbild. «Er ist so ein Kämpfer, er gibt einfach niemals auf, und trotzdem ist er so bodenständig und ein toller Mensch. Das bewundere ich an ihm», schwärmt Luana.
Hunderte Fans drängeln sich in Gstaad in ein Zelt. Dort nimmt sich Paris-Sieger Stan Wawrinka für jeden Wunsch seiner Anhänger Zeit. Schreibt fleissig Autogramme, wechselt ein paar Worte mit seinen Anhängern und posiert geduldig für Fotos.
Auch mit Luana, seinem grössten Fan. Sie leidet an einer schweren Form von Multipler Sklerose. Einer chronisch-entzündlichen Erkrankung des Nervensystems. Nicht heilbar. Die Krankheit raubt ihr die Zukunft. Sie träumte von einem Psychologie-Studium. Von einer Reise nach Australien. Spielte Fussball und Tennis.
Heute sind ihre Träume andere. Im April verriet sie im SonntagsBlick, dass sie kein Heimspiel des FC Thun verpasse und dass sie gerne einmal Stan Wawrinka persönlich treffen würde. Nun ging in Gstaad dieser Traum in Erfüllung. «Ich war wahnsinnig nervös. Aber für einen kleinen Moment konnte ich meine Schmerzen vergessen.»
Auf ihren rechten Unterarm hat sie sich das gleiche Tattoo wie Wawrinka stechen lassen. «Immer versucht. Immer gescheitert. Egal. Versuch es wieder. Scheitere wieder. Scheitere besser.» Samuel Becketts Worte leiten Luana und Wawrinka durchs Leben. «Damit fühle ich mich ihm noch mehr verbunden.»
Das Treffen in Gstaad ist kurz, aber herzlich. «Ich habe ihm gesagt, dass er mein Held ist und mir Kraft gibt. Das hat ihn zu Tränen gerührt.» Für einen Moment kann sie ihren Alltag vergessen. Ein Alltag, der von Schmerzen geprägt ist. Von Medikamenten, Ergotherapie, Physiotherapie, Blutwäsche und Massagen.
Das Datum ihres Schicksalstags ziert das Ende ihres Tattoos. Der Montag, 1. November 2010, kurz vor ihrem 18. Geburtstag. Es ist der Tag, an dem sie die Diagnose MS erhält. Die Krankheit verläuft aggressiv. «Wenns richtig schlimm wird, liege ich nur noch im Bett und kann mich kaum bewegen.»
Auf dem linken Auge ist Luana blind. Die Beine werden taub. Sie kann nicht mehr gehen und ist an den Rollstuhl gefesselt. Sie träumt davon, einmal mit Stan ein paar Bälle zu schlagen. «Das wäre wunderbar. Aber auch das kurze Treffen war toll.»
Stan Wawrinka begleitet Luana in ihren Gedanken. «Ich bin ihm so dankbar. Wenn es mir schlecht geht, denke ich mir, dass Stan auch nie aufgibt. Ich kann so viel von ihm lernen. Der Moment war einfach perfekt. Danke, Stan!»