An diesem Freitagabend in der niederländischen Hafenstadt Rotterdam setzt sich Roger Federer einmal mehr ein Denkmal. Der 20-fache Grand-Slam-Sieger schreibt drei Wochen nach seinem bereits historischen Australian-Open-Triumph abermals Geschichte. Mit 36 Jahren und 195 Tagen löst er Rafael Nadal ab kommendem Montag wieder ganz oben im Tennis-Ranking ab. Und bricht damit den Rekord von Andre Agassi, der bis anhin als 31-jährige Weltnummer 1 der älteste Tennis-König der Geschichte war. Der Amerikaner ist auf Twitter auch einer der ersten Gratulanten.
Bereits die ganze Woche steht soviel auf dem Spiel, dass selbst Pokerface Federer seine Nerven nicht verbergen kann. Schon beim knappen Achtelfinal-Sieg gegen den Deutschen Philipp Kohlschreiber war ihm der Druck anzumerken. Und auch heute sieht zunächst alles nach einer Zitterpartie aus.
Das erste Break geht nicht an den Schweizer, sondern an dessen holländischen Gegner Robin Haase (ATP 42). Mehr erstauntes Raunen, als frenetischer Jubel des Heimpublikums ertönt in der «Ahoy Arena», als Federer erste 4:5, dann 4:6 hinten liegt. Ist es möglich, dass hier und heute doch keine Federer-Party steigen wird?
Nein, es ist nicht möglich. Wie wachgerüttelt setzt Roger nun seine Treibjagd fort – der holländische Haase hat fortan keine Chance mehr. Sein Schicksal im zweiten Satz ist schnell besiegelt, ebenso im dritten und entscheidenden Durchgang: Federer reiht Break an Break, gewinnt 6:1, 6:1 – und reisst nach dem unspektakulären Matchball, den ihm Haase mit einem Doppelfehler schenkt, die Arme in die Höhe.
Sein eigenes, wesentlich schöneres Schicksal ist damit besiegelt. Roger Federer hat es geschafft, ist erstmals seit dem 4. November 2012 wieder die Weltnummer 1! Am Morgen nach der prächtigen Schweizer Olympia-Nacht twitterte er noch als Fan. «Woooooow» für Olympiasieger Dario Cologna, «yeaaaahhhhh» für Medaillen-Held Beat Feuz. Wir jubeln «woooooow» und «yeaaaahhhhh» für unseren Tennis-Helden!!! Er ist der Grösste aller Zeiten.
Roger hält Tränen zurück
Nach der Standing Ovation versucht Federer im Gespräch mit Turnierdirektor Richard Krajicek den Meilenstein einzuordnen: «Was ich hier erreicht habe, ist wohl das Allergrösste für mich. In meinem Alter bedeutet es so viel mehr harte Arbeit. Soviel mehr Ausdauer.»
Und weiter: «Ich danke meinem Team, meiner Frau, meinen Kindern – ohne Euch wäre das alles nicht möglich.» Dann verschlägt es ihm kurz wieder die Stimme, aber den Tränenfluss kann er gerade noch zurückhalten. Und posiert stolz mit einer provisorisch überreichten grossen 1.