Bis Grossmaul John McEnroe einen Fehler eingesteht, muss viel passieren. Auf dem Tennisplatz meinte er stets, im Recht zu sein: «You can not be serious»(«Das ist nicht ihr Ernst!»), war sein berühmtester Satz, mit dem er die Schiedsrichter anherrschte. Nun gibt «Big Mac» tatsächlich einen Irrtum zu.
Schon mehrere Male hat er Roger Federer als künftigen Grand-Slam-Sieger abgeschrieben. Er rühmte Rafael Nadal als besten Spieler der Geschichte, und nicht den Schweizer. Nun stellt er sich in einem unterhaltsamen Gespräch auf dem US-Sender ESPN mit seinem Bruder Patrick McEnroe voll hinter Federer: «Ich habe mich geirrt! Noch nie sah ich einen Typen, der auf diesem Niveau so wenig Stress hat wie Roger.»
Aufschlag-Gigant Roger
Wohl genau deshalb wirkt der 33-Jährige in seinem Alter noch so frisch. Natürlich auch wegen seiner enorm guten Fitness, für die McEnroe in den letzten Monaten ebenfalls viel Lob verteilte: «Pierre Paganini verdient eine Goldmedaille für seine Arbeit, die er seit Jahren mit Federer leistet», so der Amerikaner an den letzten US Open.
Körperlich ist Rekordjäger Roger also locker fähig, der älteste Wimbledon-Champ der Open Ära zu werden – nach Arthur Ashe im Alter von 31 Jahren. Der älteste Finalist seit Ken Rosewall 1974 (war damals 39) ist er bereits.
Umso seltsamer kommen Artikel daher, wie sie nach den letzten French Open beispielsweise in Deutschland veröffentlicht wurden: «Wann hört Federer auf?», titelte das «Tennis Magazin» – und forderte Federer darin auf, sich nach Niederlagen wie jener gegen Stan Wawrinka allmählich damit zu beschäftigen.
Das macht Federer sicher. Aber kaum, solange er diese Spielfreude ausstrahlt. Der britische Tennis-Held Tim Henman bezeugt: «Dieser Roger ist der Beste, den wir je sahen.» Sein Nachfolger Andy Murray staunte nach dem Halbfinal-Aus: «Beeindruckend, in dem Alter auf dem höchsten Niveau zu sein. Dafür müssen wirklich viele Dinge über ganz lange Zeit hinweg stimmen.»
Was derzeit besser stimmt denn je, ist der Aufschlag des Schweizer Nimmermüden. Das frühere Service-Wunder Andy Roddick, der in Wimbledon vier mal gegen den Rasen-König verlor, sagt heute: «Ich sah im Final um die 50 Asse an mir vorbeiziehen – aber ich denke nicht, das Roger damals so stark servierte wie heute.» Dessen Idol Rod Laver ist sich deshalb sicher, das Federer heute gewinnt: «Roger serviert sich zum 18. Grand-Slam-Sieg!»