Er ist der Erste, der Novak Djokovic (27, ATP 1) bei diesen Australian Open einen Satz abnehmen kann. Und dann noch einen. Es steht 2:2. Wieder gibts in Down Under einen fünften Satz zwischen den beiden.
Wie schon im Achtelfinal 2013. Wie im Viertelfinal 2014. Wieder ists ein episches Spiel. Stan könnte im ersten Game des Entscheidungssatzes mit einem Break vorlegen. Er schafft es nicht.
Dann, ganz plötzlich, wie bei einem platten Ball, ist beim Titelverteidiger die Luft draussen. Nichts geht mehr. Und alles ganz schnell. 0:6 wird Stan im Fünften weggewischt.
Der schöne Traum von der Titelverteidigung ist ausgeträumt.
Stan, was war da los? «Körperlich fühlte ich mich gut, aber mental war ich komplett tot. Ich sagte meinem Trainer schon vor dem Spiel, dass ich mental ausgelaugt und ohne Energie bin», sagt Wawrinka nach dem 6:7, 6:3, 4:6, 6:4, 0:6.
«Ich zahle den Preis dafür, dass die letzte Saison erst spät mit dem Davis-Cup-Sieg endete und ich keine längere Pause hatte.»
Wawrinka trauert der verpassten Chance nach: «Ich hätte alles gehabt, um den Match zu gewinnen, tat es aber nicht. Das ist die Realität.»
Von der Leistung Djokovics ist er nicht sonderlich beeindruckt: «Wir spielten nicht unseren besten Match. Novak spielte einfach gut genug, um mich zu schlagen.»
Obwohl er sich mental ausgelaugt fühlt, denkt Wawrinka nicht an eine längere Pause. «Ich werde in der nächsten Woche trainieren. Ich möchte mein Spiel weiter verbessern.»
Schon in der übernächsten Woche geht er in Rotterdam an den Start, in der Woche darauf ist er für das Turnier in Marseille gemeldet. Ferien? Fehlanzeige!
«Wichtig ist nicht, was ich in den nächsten sechs Wochen mache, sondern in den nächsten sechs Monaten», sagt Wawrinka. Und in den nächsten Wochen stehen trotz dem mentalen Loch Training und Turniere auf dem Plan.
Punkte für die Weltrangliste kann Stan gebrauchen. Nach dem Halbfinal-Aus stürzt er von Rang 4 auf 9 ab. Das bedeutet, dass er bei den grossen Turnieren schon im Achtelfinal auf Djokovic oder Federer treffen kann.
Trotz des Absturzes hat Wawrinka in Melbourne aber bewiesen, dass er auch künftig zu den Anwärtern auf einen Grand-Slam-Sieg zählt.
«Ich denke, ich bin nicht so ein schlechter Tennisspieler», sagt er lächelnd. Dann verschwindet er in den Katakomben der Rod Laver Arena.