Timea Bacsinszky (28) dachte, alles sei vorbei. Ein Schweizer Arzt diagnostizierte ihr schwere Arthrose am Mittelfinger der rechten Hand. Zuvor hatte sie schwere Schmerzen gehabt, die aber mit Medikamenten bekämpft. Irgendwann ging es nicht mehr.
«Es hiess, ich könne mit Kortison-Spritzen etwas tun. Das kann man aber auch nicht unbeschränkt machen», sagt die Waadtländerin zu BLICK. «Der Arzt hat mir gesagt, ich würde bald nicht mehr spielen können. Er gab mir maximal noch zwei Jahre.» Ein Schock.
«Ich dachte, meine Karriere sei vorbei.» Fünf Wochen lang lebte sie im Glauben, bald aufhören zu müssen. Insgesamt vier Ärzte begutachteten den Finger. Die Rettung fand sie schliesslich in Mailand.
Star-Chirurg Lanzetta sah verheerende Hand
Bei Marco Lanzetta, einem Chirurgen von Weltformat. Der Italiener war 1998 an der ersten Handtransplantation der Geschichte beteiligt, im Herbst 2017 schaute er sich Bacsinszkys Mittelfinger genauer an. Was er sah, war verheerend: Ein Muskel war gerissen, Bänder hatten sich vom Knochen gelöst, Sehnen waren beschädigt, dazu kam eine Zyste. Aber Lanzetta hatte einen Plan, führte die Operation durch.
«Er hat danach gesagt: Keine Ahnung, wie du mit dieser Hand gespielt hast, so etwas habe ich in meinem Leben noch nie gesehen. Aber du warst damit die Weltnummer 9, jetzt wirst du noch besser», erzählt Bacsinszky. «Da haben wir gelacht. Aber während der Operation habe ich geweint, das war sehr emotional.»
Bacsinszky fährt jede Woche von Lausanne nach Mailand
Monatelang fuhr sie jede Woche mit dem Auto für die Physiotherapie von Lausanne nach Mailand. «Das waren sehr einsame Momente.» Aber sie zahlen sich aus. Heute tut die Hand nicht mehr weh. «Dafür alles andere ein bisschen», sagt die Schweizerin in Miami, wo sie in der ersten Runde ausscheidet.
Noch ist die Lücke auf die Weltspitze noch nicht ganz geschlossen. Timea liegt zurzeit auf WTA-Rang 48. «Die Maschine ist noch nicht so gut geölt. Aber ich habe ein gutes Gefühl, es fehlt nicht mehr viel. Die Extra-Schichten im Training haben sich gelohnt.»
Nach dem Miami-Out steht für Bacsinszky die Sandsaison an: Lugano, Rom und Madrid stehen an, dazu der Fed Cup, später Roland Garros. Auf der neuen Unterlage jagt sie den ersten Einzel-Sieg des Jahres auf der WTA-Tour. Zu beunruhigen scheint sie das nicht. «Das Jahr ist noch lang», sagt sie. «Und meine Karriere auch.»