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Horror-Szenario von keinem Turnier 2020 nicht ausgeschlossen
So schlimm hat es da Profi-Tennis noch nie getroffen!

Der Tennis-Zirkus hat derzeit die Zelte abgebaut. Wanns weiter geht, weiss niemand genau. Wie es weiter geht, auch noch nicht. Sicher ist: Es drohen Termin-Kollisionen.
Publiziert: 05.04.2020 um 10:33 Uhr
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Aktualisiert: 05.04.2020 um 11:10 Uhr
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Während die French Open auf den Herbst verlegt wurden...
Foto: AFP
Cécile Klotzbach

Sicher ist: Bis Mitte Juli läuft nichts. Keine French Open, kein Wimbledon. Das französische Grand-Slam-Turnier hat sich einen Termin ab dem 20. September geschnappt, eine Woche nachdem die US Open theoretisch fertig gespielt sind. Es hat damit alle Instanzen – die Spielervereinigungen der ATP (Männer) und WTA (Frauen) sowie den internationalen Verband ITF – überrascht.

Nicht ganz die feine Art, «aber nicht weiter verwerflich», wie Swiss-Tennis-Präsident und ITF-Vorstandsmitglied René Stammbach sagt. «Immerhin unternehmen sie was, um den Motor am Laufen zu halten.» Schliesslich würde ein Grand Slam Arbeit und Geld für 500 Tennisprofis generieren. «Ich gehe davon aus, dass es im Sinne der Spieler ist, so schnell wie möglich wieder spielen zu können.»

In Wimbledon können sie das dieses Jahr nämlich gar nicht. Das Major im englischen Rasenmekka wurde letzte Woche ersatzlos für das Jahr 2020 gestrichen – im Gegensatz zu allen anderen Grossanlässen im Sport ist es allerdings gegen einen Pandemie-Ausfall versichert. «Wo sollten sie auch hin?», so Stammbach, der betont, dass die ITF zwar in den verschiedenen Organisationsgremien vertreten, aber nicht im Tagesgeschäft involviert ist. Mit einer Verschiebung um einen Monat vor die US Open sei für die Championships nicht viel gewonnen. Und im Spätherbst könne nicht mehr auf Gras gespielt werden.

Noch Chancen für Turniere der zweiten Jahreshälfte?

Noch vor Wimbledon wären viele andere ATP- und WTA-Turniere im internationalen Tennis-Kalender gelegt, deren Durchführung ebenfalls abgesagt ist. In Europa leiden darunter auch die Masters-Events in Monte Carlo, Madrid und Rom, die 500er in Barcelona, London und Halle sowie etliche Anlässe der 250er-Kategorie.

Die Turniere der zweiten Jahreshälfte harren derweil der Dinge und hoffen, dass sich die Lage um die weltweite Corona-Pandemie bis dahin wieder beruhigt. So beispielsweise auch das «Swiss Open Gstaad», dessen Start am 18. Juli geplant ist. Die Turnierorganisation hält fest, dass sie «derzeit von den vom Bundesrat verkündeten Massnahmen nicht betroffen» ist. Sie arbeite deshalb an der Realisierung des Anlasses weiter und stehe in regelmässigem Kontakt mit den verschiedenen Behörden – namentlich der ATP und dem internationalen Verband (ITF), um die Risiken und die Machbarkeit abzuschätzen. «Wir wollen kein Risiko eingehen, weder für unsere Besucherinnen und Besucher noch für unsere Partner und die teilnehmenden Sportler», heisst es auf Anfrage von SonntagsBlick. Aber auch wenn die Situation unsicher bleibe, wolle man im Berner Oberland «positiv bleiben».

Was bleibt den Turnieren auch anderes übrig? Auch die im Herbst geplanten Hallenturniere wie die China Open in Peking, das Masters in Shanghai oder die Swiss Indoors in Basel (siehe Interview) gehen in der Planung vorerst normal voran – glauben und hoffen. Sollte es anders kommen, «ist der Stecker über Nacht schnell gezogen», sagte Basel-Turnierboss Roger Brennwald lakonisch.

Grosser Schaden garantiert

Die Corona-Krise ist das Schlimmste, was das Profi-Tennis in der Open Ära je getroffen hat. Es gibt keine Erfahrung mit ähnlichen Szenarios, nur ein düstere Ahnung, wie gross der garantierte Schaden sein wird. «Das Tennis wird weltweit massiv leiden», prophezeite René Stammbach letzte Woche im «Tagesanzeiger».

Ohne den Interclub, der vorerst auf Ende Sommer verschoben wurde, kommen massive Verluste auf «Swiss Tennis» in Biel zu, wo derzeit der Betrieb weitgehend eingestellt ist. Im Internationalen Verband bespricht man derzeit verschiedene Szenarien – den optimistischen Halbjahres-Betrieb bis hin zum Totalausfall des restlichen Jahres. Laut Stammbach werde so oder so mit einem zweistelligen Millionenverlust gerechnet.

Der Verlauf der ITF-Partner Davis- und Fed-Cup, die neu der Kosmos-Gruppe bzw. der ungarischen Regierung gehören, steht ebenfalls noch in den Sternen. Wie auch der Laver Cup, der gemäss seiner Webseite noch immer auf 25. September geplant ist – also zeitgleich mit den verschobenen French Open.

Stammbach hält es für das Beste, den von Roger Federer und dessen Manager Tony Godsick lancierten Kontinental-Wettbewerb in den November zu verlegen. Also dahin, «wo Exhibition-Turniere hingehören». Wer spiele schon Laver Cup, wenn gleichzeitig ein Major-Turnier laufe? Von rechtlichen Konsequenzen seitens der ITF für Spieler, die trotz allem einem obligatorischen Grand-Slam-Event fremdgehen würden, weist der ITF-Mann allerdings vehement zurück. «Die Klage-Drohungen sind kompletter Blödsinn, die von jemand Unbekanntem in Umlauf gebracht worden sind.» Er stehe täglich mit den Obersten in telefonischem Kontakt. «Ich müsste es wissen.»

Bleibt das Gute zuletzt: Roger Federer, der Grand-Monsieur im Welttennis hat versprochen, im nächsten Jahr, wenn er 40 wird, noch zu spielen. Wimbledon und Olympia wird er sich nach dem verkorksten Jahr 2020 kaum entgehen lassen. Das glaubt auch Stammbach, der augenzwinkernd sagt: «Wozu sonst hat Roger gerade sein Knie operieren lassen?»

«Wir können den Stecker über Nacht ziehen»

Mit dem Termin im Oktober dürfen die Swiss Indoors derzeit noch hoffen. Aber Turnierdirektor Roger Brennwald ist wegen der Corona-Krise auf alles gefasst.

Roger Brennwald, haben Sie Bedenken, dass der Termin der Swiss Indoors von einem anderen, verschobenen Turnier besetzt wird?
Roger Brennwald: Die Welt des Sports steht still. Und niemand kennt die Etappen auf dem Weg zurück in den normalen Alltag. Die ATP hat entschlossen reagiert, mit einer Unterbrechung des Circuits bis Mitte Juli. Die nächste Wegmarke zur Orientierung dürfte in den nächsten zwei Monaten folgen. Wer weiss schon, was dann passiert.

Ist auch in Basel eine Absage denkbar?
Wenn die Corona-Krise anhält, werden davon auch die Swiss Indoors betroffen sein. Die Gesundheit – und nicht die Durchführung eines Tennisturniers – ist oberstes Gebot.

Sind die Swiss Indoors in irgendeiner Form versichert?
Das Turnier verfügt über eine Haftpflichtversicherung, nicht aber über eine Assekuranzpolice gegen Pandemie.

Können Sie die Höhe des allfälligen finanziellen Schadens beziffern?
Der finanzielle Schaden ist gegeben, dessen Höhe noch nicht absehbar.

Wie lange harren Sie der Dinge, bevor eine Entscheidung gefällt wird?
Wir sind Lizenznehmer der ATP-Tour. Also entscheidet die Dachbehörde, ob Tennis gespielt wird oder nicht. Zurzeit laufen deshalb unsere Vorbereitungen – zumindest noch – wie vorgesehen. Hochfahren können wir die Organisation des Grossanlasses nicht in einer Woche oder in einem Monat, aber den Stecker ziehen können wir über Nacht.

Wäre es vielleicht sogar ein Vorteil für Basel, wenn in diesem Sommer lange nicht gespielt wird?
In dieser Zeit, in der wir uns alle gerade befinden, scheint es mir fehl am Platz, über irgendwelche Vorteile zu sprechen.


Interview: Cécile Klotzbach

Mit dem Termin im Oktober dürfen die Swiss Indoors derzeit noch hoffen. Aber Turnierdirektor Roger Brennwald ist wegen der Corona-Krise auf alles gefasst.

Roger Brennwald, haben Sie Bedenken, dass der Termin der Swiss Indoors von einem anderen, verschobenen Turnier besetzt wird?
Roger Brennwald: Die Welt des Sports steht still. Und niemand kennt die Etappen auf dem Weg zurück in den normalen Alltag. Die ATP hat entschlossen reagiert, mit einer Unterbrechung des Circuits bis Mitte Juli. Die nächste Wegmarke zur Orientierung dürfte in den nächsten zwei Monaten folgen. Wer weiss schon, was dann passiert.

Ist auch in Basel eine Absage denkbar?
Wenn die Corona-Krise anhält, werden davon auch die Swiss Indoors betroffen sein. Die Gesundheit – und nicht die Durchführung eines Tennisturniers – ist oberstes Gebot.

Sind die Swiss Indoors in irgendeiner Form versichert?
Das Turnier verfügt über eine Haftpflichtversicherung, nicht aber über eine Assekuranzpolice gegen Pandemie.

Können Sie die Höhe des allfälligen finanziellen Schadens beziffern?
Der finanzielle Schaden ist gegeben, dessen Höhe noch nicht absehbar.

Wie lange harren Sie der Dinge, bevor eine Entscheidung gefällt wird?
Wir sind Lizenznehmer der ATP-Tour. Also entscheidet die Dachbehörde, ob Tennis gespielt wird oder nicht. Zurzeit laufen deshalb unsere Vorbereitungen – zumindest noch – wie vorgesehen. Hochfahren können wir die Organisation des Grossanlasses nicht in einer Woche oder in einem Monat, aber den Stecker ziehen können wir über Nacht.

Wäre es vielleicht sogar ein Vorteil für Basel, wenn in diesem Sommer lange nicht gespielt wird?
In dieser Zeit, in der wir uns alle gerade befinden, scheint es mir fehl am Platz, über irgendwelche Vorteile zu sprechen.


Interview: Cécile Klotzbach

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