Vor Wimbledon-Final gegen Djokovic
Serena-Coach verrät Federers Geheimwaffen

Die Sportwelt schaut heute nach Wimbledon. Wie stehen Federers Chancen gegen Djokovic? Service, Vorhand, Rückhand, Volley, Return – Technik-Experte Patrick Mouratoglou und unser Rasenkönig selbst erklären die fünf Waffen.
Publiziert: 14.07.2019 um 01:52 Uhr
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Aktualisiert: 15.07.2019 um 08:49 Uhr
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Novak Djokovic trifft im Wimbledon-Final …
Foto: AFP
Cécile Klotzbach, Wimbledon

So viel steht heute steht für Roger Federer auf dem Spiel! Der 21. Rekord-Grand-Slam, der 9. Wimbledon-Titel – auch das eine Erweiterung der Bestmarke. Ein 23. Sieg gegen Titelverteidiger Novak Djokovic, der ins Reich des Rasenkönigs eingedrungen ist und wieder gestürzt würde. All das und mehr liegt heute in Rogers Händen, mit denen er sein Racket schwingt.

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Alle Grand-Slam-Duelle von Federer – Djokovic: 21. Januar 2007 – Australian Open – 4. Runde: Federer schlägt Djokovic mit 6:2, 7:5, 6:3.
Foto: Blicksport

Wo liegen die Stärken und Schwächen in seinen Schlägen? Was sagt der Schweizer Tennisstar selbst zu seinen Waffen auf dem Court? Und wie beurteilt sie der ausgewiesene Tennis-Experte, Trainer und Akademie-Besitzer Patrick Mouratoglou?

Der 49-jährige Franzose mit griechischen Wurzeln ist einer der schillernden Coaches in Wimbledon. Seit 2012 zählt er US-Tennis-Queen Serena Williams zu seinen Klientinnen, die nach der gestrigen Final-Pleite gegen Simona Halep weiterhin auf den 24. Grand-Slam-Rekordtitel warten muss. Daneben arbeitet Mouratoglou auch mit namhaften Jungtalenten wie Stefanos Tsitsipas, Cori Gauff und vielen anderen. In seiner Akademie im südfranzösischen Biot bei Nizza, die schon den jüngst zurückgetretenen Zyprioten Marcos Baghdatis empor brachte, trainieren rund 170 Schüler und mehr als 50 Coaches sind dort beschäftigt.

Sein Fachwissen teilt Mouratoglou regelmässig bei TV-Analysen auf Eurosport und in etlichen Interviews auf allen Sportkanälen dieser Welt. Für SonntagsBlick nimmt er die fünf Hauptschläge Federers unter die Lupe.

Service

Federer: «Bei meinem Service geht es um Variation und Kraft.»

Mouratoglou: «Der Schlag Federers, von dem man am wenigsten spricht. Dabei ist er sensationell. Federer serviert stark und schnell, obwohl mit viel Effet. Diesen beherrscht er in alle Richtungen und er trifft die Aussenzonen sehr gut – mit dem Slice auf der Deuce-Seite, dem Kick auf der Vorteil-Seite. Diese Technik ist essentiell für einen guten Aufschlag und auf Rasen zerstörend. Dazu sagen fast alle Spieler, sie können Rogers Service nicht gut lesen.Dieser Schlag ist bei ihm einzigartig, allerdings meiner Meinung nach auch der Grund für seine Rückenprobleme. Im Moment der Ballberührung ist seine Körperhaltung nicht in der normalen Linie. Er holt den Schwung und die Kraft wohl zu fest aus dem Rücken.»

Vorhand

Federer: «Meine Vorhand ist für mich da, wenn ich sie brauche.»

Mouratoglou: «Sie ist bekanntlich die beste Vorhand im Zirkus. Roger umläuft seine Rückhand enorm schnell, um in Position für seinen stärksten Schlag zu kommen. Technisch ist die Vorhand perfekt. Und aussergewöhnlich, denn wie bei einem Golfer ist Rogers Blick noch beim Ausschwingen fix auf den Treffpunkt von Racket und Ball gerichtet. Das macht so im Tennis niemand – nur Roger, vielleicht sogar unbewusst! Des Weiteren schlägt er die Vorhand mit gestrecktem Arm. Die meisten Spieler winkeln ihn an. So gewinnt er Reichweite – nur schon ein eineinhalb Zentimeter längeres Racket hat eine grosse Auswirkung. Dazu beschleunigt er mit dem Handgelenk ausserordentlich, nimmt den Ball extrem früh und hoch über dem Netz, was ihm Sicherheit verschafft.

Rückhand

Federer: «Mit meiner Rückhand verteidige ich mich aus schwierigen Positionen und der Slice bringt Variation ins Spiel.»

Mouratoglou: «Mit dem Schlag macht er vieles – er spielt hoch, flach, schnell oder weich. Aber es ist nicht sein stärkster Schlag. Roger benutzt ihn, um die nächste Vorhand vorzubereiten. Er will die Rückhand so selten wie möglich spielen. Deshalb versucht er mit ihr Zeit zu gewinnen, indem er die Richtung oft wechselt und den Slice mit viel Effet spielt. Weil seine Bälle dann nur tief abspringen, verlangsamt er den Gegner und verschafft sich mehr Vorhand-Gelegenheiten. Roger hat seine Rückhand in den letzten zwei Jahren stark verbessert. Vielleicht liegt es auch am grösseren Schlägerkopf, aber dass er den Ball seit den Australian Open 2017 wesentlich früher nimmt, ist eine grosse taktische Umstellung. Sie ist vor allem beim Return gegen Rafael Nadal effektiv und hat in der Dynamik zwischen den beiden alles verändert. Ich habe mich immer gefragt, warum er das nicht längst umgestellt hat. Halleluja – endlich hat er!»

Volley

Federer: «Volleys sind dazu da, einen Ballwechsel abzuschliessen – ganz einfach.»

Mouratoglou: «Man kann wahrscheinlich auch hier sagen: Rogers Volleys sind die besten im derzeitigen Tennis. Der Schlag ist seine erste grosse Liebe, denn er zelebrierte das Angriffsspiel ja schon früh. Über Jahre kam er leider nur noch selten ans Netz, doch seit geraumer Zeit hat er den Volley wieder entdeckt. Zum Glück – er hat so ein gutes Händchen dafür! Besonders bei den schwierigen Volleys brilliert er. Die Leichten verfehlt er indes zu oft geradezu dilettantisch. Wohl nur, weil er sich dabei weniger konzentriert. Unglaublich, wie er sich seit einem Jahr im Volley verbessert hat! Vor allem, wenn er ihn während der Bewegung nach vorne spielt, und nicht erst im Stillstand. Auch hier nimmt er den Ball sehr früh – das ist generell seine grösste Stärke im Spiel.

Return

Federer: «Ich bin immer etwas beunruhigt, den Return zu verfehlen. Und stets auf der Suche, ihn offensiv zu spielen.»

Mouratoglou: «Rogers Return ist besonders auf der Vorhand-Seite stark. Seine Erfolgsquote beim Rückhand-Return ist hingegen relativ tief zu Top-Spielern wie Djokovic oder Nadal. Ich glaube, weil er ihn zu häufig chipt und dem Gegner so Zeit gibt, das Spiel aufzubauen. Er sollte etwas offensiver retournieren. Die extreme Version davon ist Rogers ‹Sabre›. Der ist lustig und keineswegs dumm, wenn er ein-, zweimal damit überraschen, Druck aufsetzen und den Gegner stark verunsichern kann. Darum finde ich auch, dass Kyrgios hier und da mit einem langsamen Service von unten überraschen darf. Das ist für mich alles andere als skandalös. Im Gegenteil – die Spieler sollten den Schlag öfters einstreuen.»

Den Wimbledon-Final zwischen Federer und Djokovic gibts ab 15 Uhr live bei BLICK!

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