Andrea Jaeger (58) spielte sich in den 80er-Jahren als Teenager-Phänomen auf die grosse Tennisbühne – mit der Wimbledon-Finalteilnahme 1983 gegen die damalige Seriensiegerin Martina Navratilova (66) als Höhepunkt. Zwei Jahre später beendete sie ihre vielversprechende Karriere wegen einer Schulterverletzung. Für sie Segen statt Fluch.
Die Amerikanerin studierte danach Theologie, steckte all ihre Tennis-Ersparnisse in eine Stiftung, die Krebspatienten hilft. Im Jahr 2006 trat sie für drei Jahre in den Dominikaner-Orden der anglikanischen Kirche ein, wird Nonne. «Seit ich ein Kind bin, fühle ich mich dazu berufen, Menschen in Not zu helfen. Ich glaube, deshalb hatte ich im Tennis so viel zu kämpfen, weil man egoistisch sein muss, um erfolgreich zu sein», erklärte sie ihren Werdegang in einem Interview mit der «Daily Mail» im Jahr 2008.
Phänomenaler Aufstieg mit Schattenseiten
Tennis-Profi wurde Jaeger für ihre Familie – mit 14 Jahren und acht Monaten. Mit den Preisgeldern wollte sie finanziell ihren Beitrag leisten. Der Plan ging eindrücklich auf, bei ihrer ersten Turnierteilnahme spielte sie sich mit 13 Siegen von der Qualifikation bis zum Titelgewinn. Im selben Jahr wird sie die jüngste Spielerin, die in Wimbledon gesetzt war (Jennifer Capriati bricht diesen Rekord 1990).
Jaegers Aufstieg ging unaufhaltsam weiter, gleichzeitig merkte sie schnell, dass sie sich auf der Profi-Tour unwohl fühlt. Ihr seien mehrmals Steroide angeboten worden. Mehrmals lehnte sie ab. «Ich habe nach einem Ausweg gesucht, nicht nach einem Weg, um noch länger zu bleiben.»
Ihr Vater, gleichzeitig ihr Trainer, war ein Disziplinfanatiker, massregelte seine Tochter auch mit Schlägen. Nach einem Streit vor dem Wimbledon-Final flüchtete Jaeger deshalb vor ihm und suchte ausgerechnet in der Wohnung von Finalgegnerin Navratilova Hilfe. Wegen schlechten Gewissens, ihre Gegnerin in der Konzentrationsphase gestört zu haben, versuchte sie anschliessend gar nicht erst, den Final zu gewinnen – sie verlor mit 0:6 und 3:6.
Zwei Jahre später wendet Jaeger der WTA-Tour den Rücken zu. Sie hatte begonnen, diese Welt zu verachten. Seither widmet sie ihr Leben jenen Menschen, die Hilfe benötigen.
Jungstar Andrejewa knapp gescheitert
Jaeger war in den Achzigern ein Jungstar. Solche gibt es immer wieder. Die neuste erfrischende Entdeckung ist die 16-jährige Russin Mirra Andrejewa (WTA 102). Am Montag verpasste sie knapp, das nächste Erfolgskapitel in ihrem Tennis-Märchen zu schreiben. Im Achtelfinal scheiterte sie an Madison Keys (USA, WTA 18) in drei Sätzen mit 6:3, 6:7 und 2:6. Andrejewa wäre die jüngste Spielerin im Viertelfinal von Wimbledon seit der US-Amerikanerin Coco Gauff gewesen, die sich 2019 wie die Russin als Qualifikantin ins Hauptfeld spielte. (dti)