Serben-Fans protestieren vor Djokovics Hotel
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Einreise-Drama in Melbourne:Serben-Fans protestieren vor Djokovics Hotel

Impf-Wirbel um Tennis-Star
Deshalb wurde Djokovic die Melbourne-Einreise verweigert

Ein regelrechter Krimi spielt sich im Süden Australiens ab. In der Hauptrolle: Novak Djokovic (34), bester Tennisspieler der Gegenwart, ungeimpft, Impfskeptiker und ein Heimlichtuer, wenn es um seinen Gesundheitszustand geht.
Publiziert: 05.01.2022 um 23:13 Uhr
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Aktualisiert: 06.01.2022 um 12:18 Uhr
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Novak Djokovic harrt erst stundenlang am Flughafen aus und ...
Foto: AFP
Emanuel Gisi

Es ist kurz vor Mitternacht am Flughafen Tullamarine in Melbourne: Djokovic ist soeben mit einer Emirates-Maschine gelandet. Er ist gekommen, weil hier in weniger als zwei Wochen die Australian Open beginnen. Doch in die Nähe der Rod-Laver-Arena, wo er bereits neunmal die Siegertrophäe in die Höhe gestemmt hat, wird es der Djoker in dieser Nacht nicht mehr schaffen. Nicht einmal im Ansatz. Der 20-fache Grand-Slam-Champion bleibt schon vor dem Zoll hängen.

Die Australier lassen ihn nicht einreisen, sein Visum sei fehlerhaft, heisst es. Trotz der fortgeschrittenen Stunde wird er festgehalten. Laut dem serbischen Portal B92, das sich auf Djokovics Vater Srdjan beruft, sitzt er auch um fünf Uhr früh Ortszeit noch am Flughafen, getrennt von seinem Team, bewacht von zwei Polizisten und befragt von Grenzbeamten. «Ein etwas anderer Trip Down Under», schreibt Djokovic-Coach Goran Ivanisevic auf Instagram. «Sie halten meinen Sohn gefangen», schimpft Vater Djokovic bei der russischen Agentur Sputnik.

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Darum wurde Djokovic trotz Ausnahmebewilligung abgewiesen
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Die Chronologie des Dramas:Darum wurde Djokovic trotz Ausnahmebewilligung abgewiesen

Einsamer Fan hält die Stellung

Die Ankunftshalle des Flughafens wird immer leerer, ein einsamer Djoker-Fan mit Serben-Fahne hält lange die Stellung. Irgendwann ist das Grüppchen australischer Journalisten, das die Welt via Twitter auf dem Laufenden hält, allein. Sie alle warten darauf, dass etwas passiert. Die meisten rechnen wohl damit, dass sich die Sache irgendwie einrenkt

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Doch dann folgt der grosse Knall. Im Morgengrauen wird das, was die Sport-Welt für undenkbar hielt, Realität: Djokovic darf nicht einreisen, muss Australien tatsächlich wieder verlassen. Noch am Donnerstag, heisst es laut australischen Medien. Unklar ist, ob Djokovics Anwälte gegen den Visa-Entscheid vorgehen würden. Das würde dem Serben wohl noch etwas Zeit in Australien kaufen. So oder so aber ist es jetzt schon eine Episode, die in die Sport-Geschichte eingehen wird.

Offensichtlich noch immer nicht geimpft

Doch der Reihe nach. Die Aufregung nimmt schon am Dienstag ihren Anfang. Da postet Djokovic auf Instagram ein Bild aus einem Flughafenterminal. Es zeigt ihn lächelnd neben seinem Gepäck, im Hintergrund sind Flugzeuge und ein Tanklaster zu sehen. «Ich fliege nach Down Under mit einer Ausnahmegenehmigung», schreibt er da. «Let’s go, 2022!»

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Damit ist klar: Djokovic, der während Monaten ein Geheimnis um seinen Impfstatus gemacht hatte, ist offensichtlich nicht geimpft. Sonst müsste niemand für ihn eine Ausnahme machen.

Die Reaktion darauf ist wenig euphorisch. In Australien kommt es zu Proteststürmen. Dass Djokovic als ungeimpfter Tennis-Profi, der 2020 mit seiner Adria-Tour auf ignorante Weise einen Spreader-Event organisiert hat, anscheinend ohne Probleme eine Ausnahmebewilligung bekommt, während die lokale Bevölkerung in den letzten zwei Jahren harte Corona-Massnahmen ertragen musste, sorgt für Wut, Ärger und mancherorts für Hass.

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«Es ist eine Schande»

Die Australier haben tatsächlich viel erduldet in den letzten Monaten, die Regeln Down Under sind strikt: Bereits bei wenigen Fällen werden ganze Städte und Regionen in den Lockdown geschickt. Von März 2020 bis November 2021 waren die Grenzen auch für Australier dicht. Wer im Ausland lebte, durfte nicht in die Heimat zurückkehren.

«Es ist eine Schande», sagt zum Beispiel Christine Wharton, Einwohnerin Melbournes, dem TV-Sender ABC. «Wir haben alle das Richtige getan, haben uns impfen und boostern lassen, und dann kommt einer aus Übersee und bekommt plötzlich eine Ausnahmebewilligung und darf spielen.»

Auch Premierminister Scott Morrison wählt markige Worte: «Novak Djokovic muss bei seiner Ankunft in Australien – wenn er nicht geimpft ist – einen akzeptablen Nachweis erbringen, dass er aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden kann. Wir warten also darauf, welche Beweise er uns dafür vorlegt.» Sollte die Erklärung unzureichend sein, «dann wird er nicht anders behandelt und sitzt im nächsten Flugzeug nach Hause».

Tennis-Legende Rod Laver schwant Böses. «Ich glaube, es wird hässlich», sagt er zu News Corp über einen möglichen Djokovic-Auftritt an den Australian Open. Er rechne damit, dass die australischen Zuschauer den Serben hart angehen werden. Beschimpfungen, Buhrufe, alles sei möglich. «Ich glaube, die Menschen hier in Victoria denken sich: ‹Ja, ich würde ihn gerne spielen sehen, aber gleichzeitig gibt es einen richtigen Weg und einen falschen›», so Laver. «Ja, du bist ein toller Spieler, und du hast so viele Turniere gewonnen, es kann also kein körperliches Problem sein. Was ist also das Problem?»

Klare Richtlinien für Ausnahmebewilligung

Das ist die grosse Frage. Für eine Ausnahmebewilligung gibt es klare Richtlinien, es gibt bloss drei mögliche Gründe dafür. Der realistischste: Höchstwahrscheinlich hatte Djokovic kürzlich Corona. Das berichtet die australische Zeitung «The Age» unter Berufung auf drei hochrangige Quellen, die «mit Djokovics Situation vertraut» sind.

Wer in den letzten sechs Monaten an einer Covid-Erkrankung litt, wird auch ungeimpft zu den Aussie Open zugelassen. So wollen es die Regeln des Melbourne-Majors und des Bundesstaats Victoria. 26 solcher Ausnahmebewilligungen wurden für die Aussie Open ausgestellt, rund eine Handvoll für Tennis-Profis.

Doch auch mit der Ausnahmegenehmigung findet Djokovic den Weg ins Land nicht. Der Grund: Sein Visum ist ungültig. Offenbar ist die medizinische Dokumentation nicht vollständig, ausserdem handle es sich bei dem Visum nicht um eines, das seiner medizinischen Ausnahme entspricht. Die Grenzbeamten sind jedenfalls nicht überzeugt, dass alles seine Richtigkeit hat.

Eine vertrackte Situation. Und die Hilfe des offiziellen Australiens kann der Serbe offensichtlich vergessen. Jaala Pulford (47), Sportministerin des Bundesstaats Victoria, erklärt schon bald in einem Tweet: «Die Regierung hat uns gefragt, ob wir den Visa-Antrag von Novak Djokovic unterstützen.» Das werde man nicht tun. «Visa-Genehmigungen sind immer eine Sache der Regierung. Und medizinische Ausnahmen eine Sache der Ärzte.» Es wird offensichtlich: Die Politiker wollen sich in dieser heiklen Angelegenheit die Finger nicht verbrennen.

Noch keine Reaktion der Nummer 1

Klarheit kommt schliesslich mit dem Entscheid der Grenzbehörde. Und der ist deutlich: Djokovic muss wieder gehen.

Eine Reaktion der ATP-Nummer 1 gibt es bis am späten Mittwochabend Schweizer Zeit nicht. Djokovic schweigt vorerst, wie er es in den Monaten vorher zum Thema Impfen schon getan hat. Dabei wären viele froh, wenn er irgendwann endlich sprechen würde. «Es wäre sehr hilfreich, wenn Novak erklären würde, auf welcher Grundlage er die Ausnahmegenehmigung beantragt und erhalten hat», sagt zum Beispiel Craig Tiley, Boss von Melbourne-Ausrichter Tennis Australia, einige Stunden vorher. «Für ein paar Antworten wären wir dankbar.»

Vielleicht wird er sie irgendwann geben. An einer Pressekonferenz. Auf dem Platz kann er das vorerst nicht. Zumindest nach aktuellem Stand. Und bis zur nächsten verrückten Wende in diesem Krimi.

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