Es ist 1996 in Manhattan Beach, als mir Richard Williams (80) nicht nur erklärt, wie man Tennis spielt, sondern auch, dass seine Tochter Venus (42) die Nummer eins der Welt sei. «Bis sie von Serena, ihrer Schwester, abgelöst wird. Die ist nämlich noch besser, weil sie einen grösseren Killerinstinkt hat.»
Ich musste schmunzeln. 1999 in Indian Wells sitze ich in der Box beim Final von Steffi Graf (53) gegen Serena Williams (40). Das Schmunzeln ist mir vergangen. Ich grüble. Erstmals überhaupt, seit ich Steffi Graf trainiere, spielt sie gegen eine Gegnerin, die athletisch ebenbürtig ist – ebenso schnell zu Fuss, genauso kraftvoll.
Hier hören die Parallelen allerdings auf. Während man bei Steffi den Eindruck nicht loswird, sie verberge ihr Gesicht hinter ihren Haaren, wirft Serena ihr Haar in den Nacken und buhlt regelrecht um Aufmerksamkeit. Mit Erfolg: Jeder Schlag, jede Geste, jede Bewegung kommandiert die ganze Aufmerksamkeit des brechend vollen Stadions.
«Ich werde dominieren – und es wird euch gefallen»
Als sie später nach der Pressekonferenz in der Spielerlounge erscheint, zieht sie wieder alle Blicke auf sich. Als wären ihre Gedanken: «Seht her. Ich bin jung, stark, talentiert und schön. Ich werde dominieren – und es wird euch gefallen.»
Mehr als 20 Jahre später spielt Serena zum letzten Mal bei den US Open. Ist sie die grösste Tennisspielerin aller Zeiten? Das ist zu debattieren. Margaret Court (80) hat mehr Grand-Slam-Turniere gewonnen und Steffi Graf prozentual einiges mehr. Aber wo es keine Debatte gibt, ist, dass Serena Williams die grösste Tennis-Show aller Zeiten geboten hat.