Die neue Swiss Miss war 2014 die Sensation in New York. Das grösste Schweizer Filzball-Versprechen seit Martina Hingis, von der und deren Mutter Melanie sie geformt wurde. «Alles ist möglich», sagte «Pretty Belinda». Völlig unbekümmert eben – 17 Jahr, blondes Haar.
Nach dem Viertelfinal-Einzug an den US Open inszenierte sie BLICK damals als «Lady Liberty». Die Fotomontage mit Belindas Kopf auf der Freiheitsstatue sollte darstellen, wie der Teenager aus Flawil frei von Druck und Erwartungen die USA erobern kann. Dann ging sie gegen Shuai Peng unter.
«Wegen euch hat sie verloren!», wetterte Vater und Coach Ivan Bencic danach im Interviewraum, wo er damals noch aufpasste, was seine Tochter von sich gab. «Belinda liest, wie ihr sie in den Himmel hochhebt, das muss ihr ja in den Kopf steigen!»
Auszeit von Papa-Trainer
Die Unbeschwertheit war ab diesem Tag vorbei. Am folgenden Major-Turnier verlor sie in Runde 1. Zu verbissen und überspielt zog sie sich Verletzungen zu. Das Vertrauen in den Körper sank, die Fitness liess nach, was während der Entwicklung zur Frau zu Gewichtsproblemen und seelischen Wunden führte.
Parallel lief der komplizierte Ablösungsprozess vom Papa-Trainer. Ivan Bencic gehörte nie zu der Kategorie Horror-Väter wie Capriati, Pierce, Bacsinszky oder Dokic, welche Ehrgeiz über das Glück der Töchter setzten. Eine Auszeit hielt Belinda 2017 dennoch für nötig. Heute betont sie: «Aber als Vater war er, wie auch mein Mami, immer für mich da. Was da von Streit und Trennung geschrieben wurde, war uns egal. Wir wussten immer, wie es wirklich ist.»
Auf der Tour «pröbelte» sie mit verschiedenen Coaches. Niemand blieb. Mehr als Aushilfe sprang letzten Herbst wieder Ivan Bencic ein. Bald kam Belinda zur Erkenntnis: «Papa ist doch der Beste – keiner kennt mich so gut wie er.»
Seit ihrem Coup als Wunderkind hatte Belinda drei WTA-Titel, aber nie wieder die Viertelfinals eines Grand-Slam-Turniers erreicht. Bis heute. Belinda ist jetzt viel reifer, klar.
Der Kampf gegen die eigenen Dämonen
Fragt sich, ob die emotionale 22-Jährige auch auf dem Platz relaxt bleibt. Niemand zweifelt daran, dass die Weltnummer 12, Siebte im Jahres-Ranking und damit Beste im verbliebenen US-Open-Feld, das Werkzeug hat, um einen grossen Titel zu gewinnen. Aber nur, wenn sie sich nicht wie in Wimbledon in Gejammer, Fluchen und zynischen Gesten verliert! Dort war sie nach dem Drittrunden-Out gegen Alison Riske enttäuscht von sich: «Ich hatte vor, das in den Griff zu bekommen. Es gelang mir nicht, das nervt mich.»
Beim Sieg über Weltnummer 1 Naomi Osaka wirkte Belinda ruhig und konzentriert. Jetzt folgt Donna Vekic (WTA 23). Vor fünf Jahren hat sie zweimal gegen die Kroatin gewonnen. Das dritte Duell an den letzten French Open holte sich Vekic. Doch hat Bencic ihre Dämonen im Griff, kann sie – frei wie Lady Liberty – nach dem Himmel greifen. Alles ist möglich.
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