Die kleine Kim sitzt auf der Tribüne, spielt mit Papa Jan und schaut gebannt zu, als ihre Mama Patty Schnyder an den US Open gegen die grosse Maria Scharapowa alles gibt. Patty sieht ihr Mädchen auf der Grossleinwand und kämpft entsprechend wie verrückt. Sie verbeisst sich in den zweiten Durchgang. Zwingt die haushohe Favoritin ins Tie-Break und fordert ihr alles ab.
Am Ende reicht es nicht. Die Niederlage kommt nicht überraschend, und der Applaus ihrer Tochter ist Schnyder trotzdem gewiss. Begeistert klatscht Kim in die Hände für ihr Mami. Und die 3-Jährige ist auch der Grund, warum andere Sportmütter den Hut ziehen vor der Leistung der bald 40-Jährigen, die sich über die Quali ins Hauptfeld gespielt hatte.
«Ich habe Respekt vor Patty und vor allen anderen Mamis, die in den Spitzensport zurückkommen und wieder vorne mitmischen», sagt etwa Nicola Spirig. Sie weiss haargenau, wie schwierig das ist. Ebenso wie Selina Gasparin: «Kind und Beruf sind eine Herausforderung für jeden. Bei einer Sportlerin ist es aber umso schwieriger, weil es sich auf die Leistung auswirkt, wenn man vom Alltag müde ist.»
Triathlon-Olympiasiegerin Spirig (36) ist bereits zweifache Mutter und hat den Weg zurück an die Weltspitze nach der zweiten Geburt im Mai 2017 erneut geschafft. Biathlon-Pionierin Gasparin (34) erwartet im Herbst ihr zweites Kind und will gegen Ende Winter wieder im Weltcup starten.
Erschwertes Sportlerleben
Die Herausforderungen als Sport-Mami liegen oft in der Organisation. Bei Spirig war es vor allem nach der Geburt ihres älteren Sohnes Yannis (5) wegen dem Stillen sehr schwierig. «Er wollte nur Muttermilch, und diese nahm er auch nicht aus dem Fläschchen. Ich musste also alle drei Stunden da sein und ihn stillen», erklärt Spirig. Selbst das Schwimm-Training im Hallenbad sei da schwierig geworden. «Denn drei Stunden reichten dafür eigentlich nicht.»
Klar, dass es physisch hart ist. «Für den Körper ist es eine Riesenveränderung. Das braucht viel Zeit», meint Spirig. Und dann ist da natürlich noch die mentale Komponente. Plötzlich steht der Sport nicht mehr an erster Stelle, die Familie hat Priorität. «Wenn eines der Kinder krank ist, dann fällt das Training halt einfach aus», erläutert Spirig. Gasparin ergänzt: «Eine Schwangerschaft und die Erziehung sind auch eine Art Reifeprozess, man wächst an der Aufgabe.»
Doch auch wenn die Mutterschaft das Sportlerleben nicht einfacher macht, missen will es keine der Sport-Mamis. Da sind auch für den Sport viele Vorteile. Denn wenn Mama erst einmal trainiert, dann dafür umso intensiver. «Wenn ich schon weg bin von meinen Kindern, dann will ich auch alles rausholen», meint Spirig. «Ich habe dann die volle Konzentration.»
Alles schnell vergessen
Ausserdem sei man «lockerer drauf im Wettkampf», ist Gasparin überzeugt. Denn ganz egal, ob ein Training oder ein Wettkampf schlecht läuft, kaum daheim, ist alles vergessen. «Letzten Dezember brachte ich zweimal Blumen von der Flower Ceremony mit nach Hause», erinnert sie sich. Seither frage Leila (3) stets, ob sie Training oder Wettkampf gehabt habe. «Und falls ich von einem Rennen heimkomme, ob ich Blumen dabeihabe. Das ist herzig.»
Auch Patty wird wegen der kleinen Kim schnell über das Aus in New York hinwegkommen. Es folgt bald wieder ihr normaler Rhythmus als Halbtags-Profi: am Morgen Training, am Nachmittag Mama. «Ich will das so haben», sagt Patty, «die Nachmittage mit Kim sind so schön.»