Freudenstrahlend hält Belinda Bencic die Siegerschale der French Open in Richtung der Kameralinsen. Wenige Minuten zuvor hat die 16-Jährige das Juniorinnenturnier in Roland Garros gewonnen. Es ist der 8. Juni 2013, die Sonne scheint über Paris für Bencic. Es könnte der Beginn einer grossen Zukunft in der Stadt der Liebe sein.
Mittlerweile sind sechs Jahre vergangen. Geprägt von Höhenflügen bis zum Aufstieg auf WTA-Rang sieben und Tiefschlägen mit Verletzungen und Operationen. Bei den Profis hat es in Roland Garros bisher nicht hinhauen wollen. Bei drei Anläufen (2014, 2015, 2018) konnte Bencic nur zwei Partien gewinnen.
«Es fühlt sich eher wie Hartplatz an»
Mit etwas Abstand erinnert sich die Ostschweizerin, die auf Sand am meisten Mühe hat, drum gerne an ihren Triumph bei den Juniorinnen zurück.«Mein erster Grand-Slam-Titel bei den Juniorinnen hier wird immer etwas Spezielles bleiben. Ich mag Paris und dieses Turnier. Natürlich ist es der falsche Belag. Nein, ich scherze. Es fühlt sich aber nicht wirklich wie Sand an, sondern geht eher Richtung Hartplatz.»
Das kommt dem Spiel Bencics, der aktuellen Weltnummer 15, besser entgegen. Sie beschreibt ihre Schwierigkeiten auf Sand so: «Rasen oder Hartplatz fühlen sich natürlicher meinem Spiel an. Ich muss auf Sand mehr anpassen, am meisten von den Bewegungen her. Mittlerweile bin ich aber besser geworden beim Rutschen.»
«Das Selbstvertrauen und die Gewissheit sind da»
Ihre Resultate in den letzten Wochen sprechen für ebenfalls für die Fortschritte auf Sand. Allen voran der Madrid-Halbfinal und der Charleston-Viertelfinal. Dementsprechend gestärkt tritt Belinda in Paris an. Am Sonntag in der 1. Runde gegen die Französin Jessica Ponchet (WTA 187).
Die Ausgangslage ist anders als im Vorjahr, als sie gerade von einer Verletzung zurückkam. «Natürlich registriere ich, dass ich die ersten zwei, drei Runden überstehen kann. Letztes Jahr kam ich her und hatte nicht die Erwartung weit zu kommen. Das ist das einzige, das sich verändert hat. Das Selbstvertrauen und die Gewissheit, in den Vorbereitungsturnieren gut gespielt zu haben, sind da.»
Bencic zählt bei einigen Experten sogar zu den Favoriten. Wie bei den Ex-Profis und heutigen ESPN-Experten Chris Evert und Pam Shriver. Letztere meint: «Mein Geheimtipp ist Bencic. Jetzt ist sie wieder gesund und zeigt, warum Martina Hingis und deren Mutter Bencics Spielwitz immer gemocht haben. Es wäre eine Ironie, wenn sie ihren ersten Grand-Slam-Titel beim einzigen Major erobern könnte, das Hingis nie gewonnen hat.»
Bencic wohnt in einem AirBnB
Das Umfeld stimmt jedenfalls bei Belinda. Sie wohnt in Paris direkt neben der Anlage in einem AirBnB. So kann sie sich die Anreisestrapazen zu den Trainings und Matches ersparen. «Ich muss nur über die Strasse gehen, idealer könnte es nicht sein. Es ist wunderschön.» Und auch privat stimmt es hundertprozentig mit der Liebe zu Fitnesstrainer Martin Hromkovic und der Rückkehr von Vater Ivan als Coach.
Jetzt muss es Bencic nur noch auf dem Platz umsetzen – und die Stadt der Liebe auch bei den Profis erobern. Der Final 2019 findet übrigens am 8. Juni statt. Am gleichen Tag wie sie vor sechs Jahren zuletzt eine Roland-Garros-Trophäe in der Hand hielt.