Was für ein Auftritt, den Stan Wawrinka gestern auf dem zweiten Centre Court seines Lieblingsturniers hatte! Eine emotionale Berg- und Talfahrt. Himmel und Hölle, Feuer im Herzen oder gefrorenes Blut in den Adern. Mit einem Brüller der Befreiung, als der kämpfende Löwe aus Lausanne den vierzehn Jahre jüngeren Griechen Stefanos Tsitsipas nach über fünf Stunden und vor 10000 tosenden, seinen Namen skandierenden Fans 8:6 im Fünften erlegt.
Ein Spieler kann solche Tage wohl nur durchstehen und verdauen, indem er mit dem Tunnelblick hindurch geht, nur auf ein Ziel fokussiert: den Sieg. Und schon bevor der 34-jährige Romand gestern die Arena betritt, muss er gewisse Geschehnisse ausblenden. Unmittelbar vor ihm hatte Donna Vekic dort gespielt – und glatt gegen die Britin Johanna Konta verloren. Die Kroatin war noch bis vor Kurzem Stans Freundin. Vielleicht gingen sie sich in den Katakomben zwischen den Garderoben sogar aus dem Weg. Vielleicht wechselten sie aber auch ein paar tröstliche Worte.
«Ich kann die Dinge jetzt besser trennen»
Wawrinka spricht nicht über die Trennung – so wie er schon nicht reden wollte, als er vor rund vier Jahren mit der heute 22-jährigen Donna zusammenkam. Er dementiert das Liebes-Aus aber nicht und macht auch kein Geheimnis aus der schmerzhaften Veränderung in seinem Leben. Das Privatleben beeinflusse jedoch sein Tennis nicht primär, Kriterien wie drei Grand-Slam-Siege und schwere Verletzungen kämen hinzu. «Ich hatte viele Veränderung in meiner Karriere», erklärte er beim letzten Turnier in Genf. Er habe sich weiterentwickelt, gehe mit diesen Dingen anders um als vor zehn Jahren. «Ich kann die Dinge jetzt besser trennen.»
Offensichtlich ist Stan ein emotionales Monster geworden: mit Nerven aus Stahl und fähig, die Massen zu begeistern. Kein anderer Star brachte die Atmosphäre dieser Tage am Bois de Boulogne derart zum Kochen wie Marathon-Stan, der 2015 hier seinen letzten Grand-Slam-Sieg verbuchte, bevor die lange Leidenszeit mit dem Knie begann. «Diese Emotionen sind gewaltig, ich danke euch wirklich», richtet er sich an die Fans. «Ich hoffe, ihr seid in zwei Tagen wieder da.»
Nun, das wird spannend. Am Dienstag, im rein schweizerischen Viertelfinal gegen Freund Roger Federer werden die Sympathien zweifelsfrei neu verteilt. Spannend auch, wieviel Energie noch im Tank dieses ewig kämpfenden Löwen steckt.
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